Wie in seiner Musik verwendet Marcus Füreder Bestehendes, um etwas Neues zu schaffen. Die gemorphten Gesichter seiner Figuren nennt er deshalb "emotionale Frankensteins".
Foto: Jan Kohlrusch

Marcus Füreder alias Parov Stelar ist international als DJ, Musikproduzent und "Electroswing-King" bekannt. Er tritt beim Jazzopen, im Ibiza Beach Club genauso wie beim Nova Rock auf. Die Bilder des Oberösterreichers kennt man bisher aber kaum. Die Ausstellung "I’ll be OK soon" im Francisco Carolinum Linz zeigt seine großformatigen Ölbilder, deren Bildsprache sich zwischen Banksy, Arnulf Rainer und Gottfried Helnwein bewegt. Als der Musiker, der auch malt, möchte er sich nicht sehen.

STANDARD: Sie haben Malerei und Grafik studiert, bisher kennt man Ihre Bilder aber nur von Albumcovers. Haben Sie Ihre malerischen Werke vor der Öffentlichkeit versteckt?

Füreder: Vor meiner musikalischen Karriere hatte ich kleine Ausstellungen, meistens hingen diese mit meiner Musik zusammen. Eigentlich bin ich ein Maler, der zum Musiker wurde. Später wurde die Malerei für mich zum Zufluchtsort. Die letzten eineinhalb Jahre habe ich noch mehr gemalt als sonst. Dann dachte ich: Jetzt ist der Zeitpunkt.

STANDARD: Hat Sie während der Corona-Zeit in Ihrer Villa auf Mallorca die Muse geküsst?

Füreder: Die küsst mich jeden Tag. Das ist eh eine Krux mit ihr, sie ist proaktiver als ich. Manchmal denk ich, ein Strandtag wäre auch mal super, aber das bin ich einfach nicht. In den letzten eineinhalb Jahren habe ich fast 80 großformatige Ölbilder gemalt, weil ich so motiviert war. Da ist eine Kreativlawine auf mich hereingebrochen.

STANDARD: Viele bekannte Musiker greifen zum Pinsel: Robbie Williams, Bob Dylan oder Paul McCartney – ist die Malerei ein Hobby für Sie?

Füreder: Die Malerei ist bei mir in einer Intensität vorhanden, dass ich nicht von einem Hobby sprechen kann. Für mich ist die Malerei ganz klar ein Teil meines Berufs.

STANDARD: Wollen Sie als Musiker und Maler bezeichnet werden?

Füreder: Für mich ist ein ganzheitliches Werk als Künstler am interessantesten. Es treibt mich einfach – ich kann gar nicht anders.

Titelgebendes Bild "I’ll be OK soon".
Foto: Arnold Hirschl

STANDARD: Haben Sie nicht Angst, als ein Musiker wahrgenommen zu werden, der halt auch malt?

Füreder: Wenig. Solche Ängste passieren nur aus Mangel an Wissen. Zuerst muss man sich selbst spüren, dann ist die Angst unbegründet. Und ich weiß, wo ich stehe mit meiner Malerei.

STANDARD: Und wo stehen Sie?

Füreder: Dort, wo ich stehen wollte – mitten im Schöpfungsprozess. Die Malerei ist wieder ein großer Teil meines Lebens. Viele Sammler haben meine Werke gekauft. Es hat mich überrascht, dass fast alles weggegangen ist.

STANDARD: Sie werden aber nicht von einer Galerie vertreten, richtig?

Füreder: Nein, aber wir sind in Verhandlungen. Wie bei einem Musiklabel muss die Chemie passen. Ein Kreativberuf ist immer mit einem Seelenstriptease verbunden.

STANDARD: Wie viel kosten Ihre Bilder denn?

Füreder: Die letzten sind zwischen 30.000 und 40.000 Euro pro Stück weggegangen.

STANDARD: Wie ist diese Summe entstanden?

Füreder: Das hat sich in den letzten Jahren hochgeschaukelt mit der Nachfrage. Aber das ist wie bei einer Immobilie: Man kann ein Haus hinstellen und sagen, das kostet zehn Millionen Euro. Wenn jemand bereit ist, das zu zahlen, ist es auch so viel wert. Der Markt regelt sich selbst, und so ist es auch in der Kunst.

STANDARD: Ist das nicht absurd?

Füreder: Das ergibt sich in einem natürlichen Fluss. Wenn man diesen langen Weg zurückgelegt hat, ist das keine große Überraschung.

Ausstellungsansicht im Francisco Carolinum.
Foto: OÖ Landes-Kultur GmbH / Michael Maritsch - Maritsch.com

STANDARD: Ihre Bildtitel wie "I am not afraid" oder "Toxic Lover" erinnern an Songnamen. Inwiefern stehen Ihre Musik und Ihre Malerei in Verbindung?

Füreder: Sehr stark. Auch wenn der Kunst- und der Musikbetrieb sehr unterschiedlich sind, bleiben sie artverwandt: Man versucht, für etwas, wofür man keine Worte hat, ein anderes Ausdrucksmittel zu finden. Musik in Kombination mit Bildern ist für mich die stärkste Kunstwaffe. Du kannst so viel ändern damit.

STANDARD: Was zum Beispiel?

Füreder: Ich kann schlecht gelaunt aufstehen und mit einem befriedigten Gefühl ins Bett gehen, weil ich ein Bild gemalt habe, das mich anspricht. Wenn ich mit einem Bild fertig bin, schau ich es an. Und erst, wenn es zurückschaut, weiß ich: Jetzt ist es fertig, jetzt lebt es.

STANDARD: Ihre Bildsprache bewegt sich zwischen Banksy, Arnulf Rainer und Gottfried Helnwein. Wer sind Ihre malerischen Vorbilder?

Füreder: Ich habe keine Vorbilder, aber es gibt natürlich Künstler, die mich ansprechen. Die Künstler, die Sie da erwähnen, die gehören definitiv dazu. Von Banksy habe ich sämtliche Bücher daheim.

STANDARD: Können Sie Ihren Malprozess beschreiben?

Füreder: Ich nehme teils bestehende Fotos von Gesichtern und morphe mehrere zu einem neuen. Deswegen nenne ich meine Figuren auch emotionale Frankensteins. Ich erstelle eine Vorlage am Computer und übertrage sie dann klassisch mit Pinsel auf die Leinwand.

STANDARD: Wann ist etwas Kunst?

Füreder: Kunst ist es dann, wenn etwas ausgelöst wird. Wenn es wurscht ist, ist es keine Kunst.

STANDARD: Welche Projekte planen Sie als Maler in Zukunft?

Füreder: Da lasse ich mich treiben. Einen richtigen Plan, wie den Grammy zu gewinnen oder an der Biennale teilzunehmen, habe ich nicht. Das kommt ganz von selbst. (Katharina Rustler, 14.7.2021)