Wer ab dem 26. September im Linzer Landhaus das Sagen in Oberösterreich hat, wird auch von der Bundespolitik entschieden.

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Linz – In exakt 73 Tagen sind 1,1 Millionen Wahlberechtigte in Oberösterreich aufgerufen, anlässlich der Bürgermeister-, Gemeinderats- und Landtagswahlen ihre Stimme abzugeben. Doch von einem ruhigen Vorwahlsommer wie damals ist man weit entfernt. In Oberösterreichs Parteibüros macht sich sichtbar Nervosität breit.

Eine Landtagswahl ist per se immer ein gewisser Balanceakt zwischen lokal und national. Gekämpft wird zwar mit einem klaren Fokus auf das jeweilige Bundesland, der Einfluss von bundespolitischen Themen lässt sich aber nur schwer vermeiden. Daher: Läuft’s auf Bundesebene gut, werden Verweise in Richtung Wien auf dem Weg zur Wahlurne wohldosiert eingebaut. Ist bundespolitisch ordentlich Sand im Getriebe, ist die Bundeshauptstadt samt Politik plötzlich ganz weit weg.

Schwarzer Reiter

Für Oberösterreichs Landeshauptmann und ÖVP-Chef Thomas Stelzer kann es daher, mit Blick auf U-Ausschuss und heikle Chatprotokolle, nur den Weg des einsamen schwarzen Reiters geben. Oberösterreich als "Land der Möglichkeiten" zu preisen, den wirtschaftlichen Neustart nach der Pandemie zu verkünden – und elegant auf deutliche Distanz zur türkisen Kanzlerpartei zu gehen.

Einen ersten Vorgeschmack lieferte Stelzer dieser Tage bereits beim traditionellen Medienheurigen in Wien. Ungewöhnlich offen kritisierte der Landeshauptmann die "vergiftete politische Stimmung in Wien", um im selben Atemzug die "konsensorientierte Politik" in Oberösterreich zu loben. Er sehe sich als "Klimaschützer", auch was das politische Klima betrifft. Das Hickhack werde nicht geschätzt.

Rote Unruhe

Wenig geschätzt wird das innerparteiliche Hickhack auch in den Reihen der oberösterreichischen SPÖ. Der öffentlich ausgetragene Clinch zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil kommt für die oberösterreichischen Genossen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Immer noch scheint man in den roten Reihen nach der schweren Wahlschlappe 2015 den Weg hin zu einem kantigen Gegenspieler für die schwarz-blaue Landesregierung nicht gefunden zu haben. Will man mit Birgit Gerstorfer Platz zwei zurückerobern, ist das bundesländerübergreifende Haxl beißen wohl kontraproduktiv.

Blaues Lächeln

Auf blauer Seite könnte der jüngst erfolgte Chefwechsel die Situation in Oberösterreich spannend machen. Manfred Haimbuchner hat mit Herbert Kickl einen durchaus unberechenbaren "Gegenspieler" in den eigenen Reihen. Rein auf persönlicher Ebene holpert es da gewaltig. Wenn Kickl die ÖVP ordentlich in den Mangel nimmt, muss Haimbuchner das in Oberösterreich weglächeln, um nicht eine Neuauflage von Schwarz-Blau zu gefährden.

Bei den Grünen setzt Stefan Kaineder bei seiner Landtagswahlpremiere auf grüne Kernthemen wie den Klimaschutz. Man darf aber gespannt sein, ob man nicht von den Stammwählern die Rechnung für so manchen Bundeskniefall des 14-Prozent-Juniors, Stichwort Abschiebungen, präsentiert bekommt.

Schwarze Pole-Position

Doch trotz aller Bundesunsicherheiten ist die Ausgangslage klar: Die ÖVP geht im schwarzen Kernland als deutliche Nummer eins ins Rennen. 2015 musste man noch schwere Verluste von 10,39 Prozentpunkten auf 36,37 Prozent hinnehmen. Heuer hätte man zu gerne wieder einen Vierer vorn. Bei der FPÖ gilt ein Ergebnis von über 20 Prozent als Ziel. 2015 verdoppelten die Blauen ihr Ergebnis auf 30,4 Prozent.

Die SPÖ möchte, nach der schmerzhaften Talfahrt 2015 (erstmals unter 20 Prozent), wieder Zweite werden. Die Grünen wollen, nachdem sie 2015 erstmals ein zweistelliges Ergebnis einfahren konnten, eine Neuauflage von Schwarz-Grün. Und für die Neos soll sich im zweiten Anlauf endlich die Tür zum Landtag öffnen. (Markus Rohrhofer; 14.07.2021)