Es ist ein Sieg für Asylwerber, die arbeiten wollen, vor allem aber für den österreichischen Rechtsstaat. Der Verfassungsgerichtshof hat die bisherige Grundlage, auf der Geflüchteten der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verwehrt wurde, gekippt. Nun steht es jedem Staat im Rahmen der geltenden europarechtlichen Vorgaben zu, den Arbeitsmarkt für Migranten und Asylwerber freier oder restriktiver zu gestalten. Doch die Art und Weise, wie dieses Arbeitsverbot in Österreich geregelt wurde, ist eines Rechtsstaates nicht würdig.

Asylwerbern wurde bisher der Jobzugang verwehrt.
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Die Rechtsordnung kennt einen klaren Stufenbau: Es gibt Verfassungsbestimmungen, darunter stehen Gesetze. Sie werden vom gewählten Parlament erlassen und legen verbindliche Spielregeln für alle fest. Die Verwaltung darf mit Verordnungen präzisierend eingreifen, das Gesetz gibt aber immer den Rahmen vor. Noch unter dieser Rangordnung stehen Erlässe. Sie sind bloß behördeninterne Weisungen. Asylwerbern wurde per Erlass der zuständigen Arbeitsminister der Jobzugang verwehrt. Für diese Gruppe von Menschen kam diese interne Weisung de facto einem Gesetz gleich.

Dieser Fehler darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn es geht hier über den Anlassfall hinaus um die Frage, ob rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden oder nicht. Mit dem Federstrich irgendeines Ministers werden in Diktaturen Regelungen für die Bevölkerung erlassen, nicht aber in entwickelten Demokratien. Deshalb sollte die Entscheidung der Höchstrichter nun auch von jenen begrüßt werden, die sich rigidere Regelungen für Asylwerber wünschen. Sie müssen auf sauberen Normen beruhen, sonst ist es Willkür.

Dieses Drama hat aber auch eine politische Facette. Seit Jahren haben Juristen darauf hingewiesen, dass die geltenden Regelungen aufgehoben gehören. Sehenden Auges haben die unterschiedlichen Arbeitsminister, allen voran von ÖVP und FPÖ, aber auch der SPÖ, diesen Gesetzesbruch in Kauf genommen. Da in der Verwaltung ausgezeichnete Juristen arbeiten, kann es nur eine Erklärung dafür geben: Bei der Gruppe, um die es hier geht, vermeinte man, so vorgehen zu können.

Eine Gutes hat das Ganze: Es hat zwar Jahre gedauert – der erste Erlass in der Sache stammt von Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP) aus dem Jahr 2004 –, aber die "checks and balances" haben funktioniert. Die Justiz hat ihre Arbeit getan. (András Szigetvari, 14.7.2021)