Martin Ho: Unternehmer, Sammler und Galerist vor dem 2014 von Tomak gemalten Auftragswerk, Titel "Hohoho".
Foto: Christian Jobst

Ein Szenegastronom und ein Szenegalerist, verkuppelt von einem Szenekünstler: So sehr diese Konstellation zu ironischen Kommentaren verleiten mag, an der Ernsthaftigkeit des Projekts gibt es keine Zweifel. Ab Herbst werden der Berliner Galerist Johann König und der aus Vietnam gebürtige Gastronom Anh Tuan Ho, bekannt als Martin Ho, kooperieren. Ort des Geschehens: das ehemalige Verkehrsbüro gegenüber der Secession, das der Glücksspielkonzern Novomatic im Februar für 26 Millionen Euro an den Projektentwickler Lukas Neugebauer verkaufte, der für das historische Art-déco-Gebäude eine Mischnutzung vorsah. Zeitgemäße Gastronomie soll dort auf Kunst treffen.

Mit Ho wurde man schnell handelseinig. Innert kurzer Zeit mutierte dieser sodann vom Gastro- zum Generalpächter auf Partnersuche. Auch mit Ursula Krinzinger, seiner Nachbarin am Standort Seilerstätte, gab es Gespräche, wie diese auf Anfrage bestätigt.

Ho betreibt seit 2011 selbst eine Galerie, ohne sich in der Szene je etabliert zu haben. Er überlässt das Kunstprogramm in der zum Kleinen Haus der Kunst umgetauften Location einer in der Branche anerkannten Größe: Johann König, der schon länger mit einem Standort in Wien liebäugelt. 2002 hätte er hier fast seine erste Galerie gegründet, entschied sich dann aber doch für Berlin.

Geburtshelfer Erwin Wurm

Die Geburtsstadt seiner 2015 verstorbenen Mutter, der Schauspielerin und Illustratorin Edda Köchl-König, blieb ihm im Hinterkopf. Der aktuelle Entschluss wurzelt im Kontext seiner Agenda, auch abseits seiner Zweigstellen in London oder Seoul und dem in Pandemiezeiten volatilen Messegeschehen einem internationalen Publikum Kunst und Künstler auf lokaler Ebene näherzubringen. Sei es in Bodrum, wo er seit dem Wochenende gemeinsam mit der türkischen Galerie Pilevneli das Clubhouse des Kaplankaya-Luxusressorts bespielt, oder in dem jüngst in Monaco eröffneten Showroom.

Am Naschmarkt wird König als Kurator vier Ausstellungen jährlich betreuen. Über die vertraglichen Konditionen herrscht Stillschweigen. Als Geburtshelfer wirkte offiziell Erwin Wurm, dem dort heuer noch eine Show gewidmet sein wird: König ist einer seiner Galeristen, Ho einer seiner Sammler. Eine der Wurst-Skulpturen fungiert als Brunnenfigur vor dem ebenfalls mit zeitgenössischer Kunst ausgestattetem Le Petit Ivy, dem zu einem Boutiquehotel umfunktionierten historischen Trenninghof in der Wachau.

Bundeskanzler Sebastian Kurz und der Unternehmer Martin Ho vor Erwin Wurms Brunnenskulptur auf dem Vorplatz des Boutiquehotels "Le Petit Ivy" in der Wachau. Anlass war Hos 32. Geburtstag.
Foto: leisure, Christian Jobst

Unerwünschte Bezeichnung "Kanzlerfreund"

Es sei ein "Herzensprojekt abseits der pulsierenden Großstadt", sagt Ho, das er 2018 mit seiner Geburtstagsparty einweihte. Unter den Gratulanten: "langjährige Freunde und Wegbegleiter", etwa Gernot Blümel und Bundeskanzler Sebastian Kurz. Letzterer ist ein fast schon heikles Thema geworden: Auf die oft verwendete Zuschreibung "Kanzlerfreund", so wurde gebeten, möge man verzichten. Das brächte ja doch nur Häme in der STANDARD-Online-Community.

Im Gespräch reagiert der Unternehmer gelassener. Politik sei mit Kurz sowieso kein Thema, Sport und Kunst schon: "Er ist ja ein begeisterter Tennisspieler" und Kunst interessiere ihn auch. Ob er ihm schon mal ein Werk verkaufte? Nein, "bis jetzt war in unserem Portfolio noch nichts dabei". Dabei ist dieses zeitgenössische Portfolio an Namen, Stilen und Motiven orientiert ein buntes: Malerei, Fotografie, Bildhauerei, Installationen oder digitale Kunst von Granden wie Andy Warhol, Jeff Koons oder Joseph Beuys und Franz West, dazu mit Cyril Helnwein, Julian Khol und Martin Grandits Vertreter der jüngeren Generation. Tomak nicht zu vergessen, dessen Hohoho aus dem Jahr 2014 dem Auftraggeber als Kulisse für Porträtfotos dient.

Geschäft hinter den Kulissen

Hos Sammlung oder Warenbestand, so leicht lässt sich das nicht trennen, umfasst etwa 750 Werke, die am offiziellen Galeriestandort in der Seilerstätte – mit gastrotypischer Öffnungszeit von 18 bis zwei Uhr früh – und an anderen Standorten des Dots-Imperiums präsentiert werden. Im One of One wurde die Wandfarbe eigens an die Gelbnuancen eines Schüttbildes von Hermann Nitsch von 2002 angepasst, das er vor einigen Jahren bei der Nitsch Foundation erwarb: wohl nicht zu dem bis 2020 gültigen Listenpreis von 83.000 Euro, eher zu den für Galeristen üblichen Sonderkonditionen.

Auf Kunstmessen ist die bis 2015 als Yoshis Contemporary Art Gallery firmierende Ho Gallery selten anzutreffen. Das Business läuft eher hinter den Kulissen, teilweise über andere Galerien, denen er sporadisch Kunstwerke in Kommission überlässt. Welche das sind, möchte Ho nicht sagen. Dass ihn etablierte Kollegen hinter vorgehaltener Hand schon mal als Pausenclown bezeichnen, wird den Workaholic vermutlich wenig kümmern. (Olga Kronsteiner, 15.7.2021)