Kritiker fürchten Zensur und eine Beschränkung der Meinungsfreiheit.

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Im Jahr 2019 hatte das EU-Parlament für die Verabschiedung der Urheberrechtsrichtlinie gestimmt, kurz darauf hatte Polen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Klage gegen den bereits zuvor umstrittenen Artikel 17 – umgangssprachlich als "Uploadfilter" bezeichnet – eingereicht. Heute gab der Generalanwalt des EuGH seinen Schlussantrag zu diesem Thema bekannt. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich der EuGH nach diesem Antrag richten wird.

Uploadfilter verstoßen nicht gegen EU-Recht

Laut Henrik Saugmandsgaard Øe, Generalanwalt des EuGH, ist der Artikel 17 kompatibel mit bestehendem EU-Recht, also auch mit den Rechten auf Information und auf freie Meinungsäußerung. "Während Artikel 17 zu einer Interferenz mit dem Recht auf Meinungsäußerung führt, so befriedigt diese Interferenz noch die in der Grundrechtscharta garantierten Rechte auf Meinungsäußerung und Information", sagt er.

Er fügt hinzu, dass die Regulatoren Maßnahmen zur Verfügung stellen, mit denen das sogenannte Overblocking – also das ungerechtfertigte Löschen rechtmäßiger Inhalte – durch die automatisierten Filter verhindert werden soll.

Das endgültige Urteil in dieser Causa wird für die kommenden Monate erwartet. In vier von fünf Fällen richtet sich der EuGH nach den Empfehlungen der Generalanwälte, heißt es in einem Bericht von Reuters.

Abwägen der Interessen

Die Reform des EU-Urheberrechts soll die Position europäischer Unternehmen aus der Medien- und Kreativbranche gegenüber meist aus den USA stammenden Onlineplattformen stärken. Der besagte Artikel 17 sieht vor, dass Plattformen wie Youtube und Instagram urheberrechtlich geschützte Inhalte künftig schon vor deren Veröffentlichung herausfiltern müssen.

Während dies von den genannten Branchen positiv aufgefasst wird, sehen Kritiker eine Vorstufe für Zensur und Beschränkung von Meinungsfreiheit. Dies argumentierte auch Polen in der Klage gegen Artikel 17, zudem fürchtet man negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des digitalen Binnenmarkts.

Verpflichtung zum Schutz legaler Inhalte

Naturgemäß enttäuscht vom Schlussantrag zeigen sich jene Personen und Institutionen, die sich zuvor gegen den Einsatz von Uploadfiltern ausgesprochen hatten – etwa Julia Reda, die als ehemaliges Mitglied des EU-Parlaments nun als Projektleiterin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte aktiv ist. Sie verweist jedoch auch auf die erwähnte Notwendigkeit von Schutzvorkehrungen: Demnach wären Mitgliedsstaaten verpflichtet, legale Inhalte vor deren Sperrung zu schützen.

Auch bei der heimischen Vereinigung Internet Services Providers Austria (ISPA) findet man es begrüßenswert, dass dem Overblocking-Verbot ein derart großer Stellenwert beigemessen wird und die Plattformen Inhalte nur bei ganz offensichtlichen Urheberrechtsverstößen automatisiert sperren dürfen. Jedoch befürchtet man, dass es in der Praxis trotzdem zu Overblocking kommen wird.

"Die ISPA hat wiederholt betont, dass Upload-Filter keine Lösung sind. Aufgrund ihrer hohen Fehlerquote filtern diese stets auch unproblematische Inhalte heraus. Ein solches Overblocking ist auch dann nicht vermeidbar, wenn nur offensichtlich rechtswidrige Inhalte gesperrt werden sollen", so ISPA Präsident Harald Kapper: Es sei noch immer zu befürchten, dass Plattformen aus Angst vor Schadenersatzforderungen auch legitime Inhalte sperren.

Verstoß gegen andere Grundrechte?

Zudem sei ungeklärt, ob Artikel 17 nicht, wie vielfach von Expertinnen und Experten vertreten, auch gegen andere Grundrechte wie etwa das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit oder das Grundrecht auf Datenschutz verstoße, heißt es abschließend in einer Aussendung der ISPA. (Stefan Mey, 15.7.2021)

Update, 15.7., 16:52 Uhr: Der Artikel wurde um Statements der ISPA ergänzt.