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Der Blaustreifen-Putzerlippfisch wird durchschnittlich zehn Zentimeter lang. Mit seinen auffallenden Längsstreifen ist er für seine "Kunden" an der Putzstation gut erkennbar.
Foto: REUTERS/Arnd WIegmann

Männchen sind lernfähiger, Weibchen haben die bessere Selbstbeherrschung – das trifft zumindest bei Blaustreifen-Putzerlippfischen zu. Die geschlechtermäßig unterschiedliche Verteilung kognitiver Fähigkeiten bei Labroides dimidiatus ist vor allem insofern erstaunlich, weil bei diesem Fisch zunächst ausschließlich Weibchen geboren werden. Nur das größte und sozial dominanteste Putzerfisch-Weibchen einer Gruppe verwandelt sich in ein Männchen, wie Zegni Triki von der Universität Stockholm und ihr Neuenburger Kollege Redouan Bshary in der Fachzeitschrift "Royal Society Open Science" berichten.

Nicht nur dieser Geschlechtswechsel ist bei den Putzerlippfischen eine Besonderheit, auch ihre namensgebende Lebensweise zeigt eine interessante, hochgradige Spezialisierung auf: Viele Arten aus dieser Gruppe tropischer Rifffische betreiben regelrechte Putzerstationen. Dorthin begeben sich gezielt andere Fische, um sich von einem Männchen und seinem kleinen Harem aus mehreren Weibchen von Parasiten und abgestorbener Haut befreien zu lassen. Selbst größere Raubfische benehmen sich an solchen Wellness-Stationen für Fische und warten geduldig, bis sie an der Reihe sind.

Lernaufgaben für Putzerfische

Dass sich die kognitiven Fähigkeiten mit dem Geschlechtswechsel ebenfalls ändern, war bei Fischen bisher noch nie beobachtet worden, sagt Bshary. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter führten Versuche in einem kleinen Aquarium mit wild gefangenen Putzerfischen durch, denen sie verschiedene Lernaufgaben stellten. Zuerst platzierten sie einen Snack hinter einem gelben Tablett, hinter einem roten Tablett gab es nichts zu futtern. Dabei stellten sich die Männchen geschickter an und eigneten sich zielsicher an, wo sie sich die Belohnung schnappen konnten. Die Weibchen erlernten das Muster langsamer oder gar nicht.

Zwei Putzerlippfische verrichten ihre Arbeit an einer Gelbgestreiften Süsslippe. Größere Arten lassen die kleinen Putzer auch ins Maul und in die Kiemenhöhle schwimmen, damit diese sie dort säubern.
Foto: imago/Nature Picture Library

Rätselhafte Ursache

In einem nächsten Experiment befand sich das Futter hinter einer Plexiglaswand. Während das Männchen gierig immer wieder gegen die durchsichtige Wand stieß, gelang es dem Weibchen, seine Impulse zu kontrollieren. Es schwamm um das Hindernis herum, behielt dabei das Futter immer im Auge – und schnappte sich schließlich geschickt die Belohnung.

Das Team möchte nun herausfinden, wieso Männchen und Weibchen unterschiedliche kognitive Fähigkeiten besitzen. So interessieren sich die Forschenden dafür, ob der Wechsel des Geschlechts die Veränderung bewirkt oder ob es die besonders lernfähigen Weibchen sind, die schnell wachsen und sich anschließend in Männchen verwandeln. (red, 16.7.2021)