Vor allem im Verkehrssektor ist der Ausstoß in Österreich zu hoch.

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Die EU-Kommission hat ihren Plan für ein klimaneutrales Europa vorgelegt. Damit sich die Nettonull bis 2050 ausgeht, müssen die Mitgliedsstaaten ihre Klimaziele deutlich höher stecken. Bis 2030 soll in der gesamten EU um mindestens 55 Prozent weniger emittiert werden als im Jahr 1990. Die nationalen Ziele fallen unterschiedlich hoch aus. Schweden muss seinen Ausstoß am stärksten reduzieren, Bulgarien am wenigsten.

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Frage: Welches Ziel ist für Österreich geplant?

Antwort: Österreich soll seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 48 Prozent reduzieren. Bisher war ein Minus von 36 Prozent vorgesehen. Das Ziel bezieht sich allerdings nur auf jene Bereiche, die nicht in den Emissionshandel fallen.

Frage: Ist die Reduktion realistisch?

Antwort: Dafür wäre auf jeden Fall ein kompletter Richtungswechsel notwendig. 2019, also vor zwei Jahren, wurden in den Bereichen, die nicht vom Emissionshandel umfasst sind, 50,7 Millionen Tonnen an Treibhausgasen emittiert. 2030 soll der Wert nur noch 29,3 Millionen Tonnen betragen. In der Vergangenheit hat die Republik bei der CO2-Reduktion nicht gerade brilliert: Zwischen 1990 und 2019 ist der Ausstoß EU-weit um 26 Prozent gesunken, in Österreich hat er im gleichen Zeitraum um ein Prozent zugelegt.

Frage: Was muss getan werden?

Antwort: "Das, was wir bisher vorgesehen haben, auch was im Regierungsprogramm steht, ist in keiner Weise ausreichend, um die Ziele für 2030 zu erfüllen", sagt Stefan Schleicher, Klimaökonom vom Wegener Center. Vor allem im Verkehrssektor muss Österreich nachschärfen. Hier müssen die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu heute um mehr als 50 Prozent sinken, erklärt der Ökonom. "Ein 1-2-3-Ticket ist eine gute Sache, wird aber nur ein Teil der Gesamtlösung sein." Schleicher plädiert dafür, Lösungen nicht nur in E-Autos und im Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel zu suchen. Allein zwei Homeoffice-Tage pro Woche würden das Verkehrsvolumen reduzieren und ein Zweitauto redundant machen. Eine Lösung sieht er unter anderem in Sharing-Modellen, die auch den sogenannten letzten Kilometer abdecken. Insgesamt müsse sich die Art der Fortbewegung ändern – weg vom privaten (E-)Auto in Richtung gemeinschaftlicher Mobilität.

Frage: Ab 2035 sollen keine Verbrenner mehr neu zugelassen werden. Ist das umsetzbar?

Antwort: Ja, sagt Schleicher dazu. Sowohl was die Menge als auch den Preis angeht, wird es seiner Ansicht nach schon bald sehr attraktiv sein, auf ein E-Auto umzusteigen. Der Ökonom sieht kaum Gründe, warum elektrisch betriebene Pkws teurer sein sollten als konventionelle Fahrzeuge: E-Autos seien einfacher gebaut, benötigen nur ein Zehntel der Komponenten, und auch der Serviceaufwand sei deutlich geringer, argumentiert der Experte. Zwar stiegen die E-Auto-Neuzulassungen zuletzt deutlich; von den rund fünf Millionen Pkws im Land haben derzeit laut Statistik Austria nur rund 44.500 einen Elektroantrieb.

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Frage: Österreich soll schon bis 2040 klimaneutral werden. Stimmt das EU-Ziel mit dem Entwurf des Klimaschutzgesetzes überein?

Antwort: Ja. Der Entwurf sieht vor, dass der Ausstoß außerhalb des Emissionshandels bis 2030 auf 29,3 Millionen Tonnen an Treibhausgasen sinken soll. Dieser Wert entspricht auch dem neuen Ziel der Kommission. Das Gesetz befindet sich derzeit in Abstimmung und wurde noch nicht beschlossen.

Frage: Was, wenn das Ziel verfehlt wird?

Antwort: Vorgesehen ist ein Transfer-Mechanismus: Angenommen Österreich emittiert 2030 noch immer zu viel, dann muss die Republik Überschüsse von ambitionierten Staaten zukaufen, erklärt Schleicher. Was passiert, wenn nicht ausreichend Überschüsse am Markt vorhanden sind, ist nach Angaben des Ökonomen derzeit nicht geregelt.

Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass die Kommissionspläne auch so umgesetzt werden?

Antwort: Noch ist das Paket nicht fixiert, präsentiert wurde bisher erst der Vorschlag der Kommission. Das EU-Parlament, das sich bereits für höhere Klimaziele ausgesprochen hat, wird also eher versuchen, nachzuschärfen. Schwieriger wird der Dialog im Rat werden. "Es könnten noch einige Kanten, die notwendig wären, geschliffen werden", warnt Schleicher angesichts der anstehenden Gespräche mit den Mitgliedsstaaten. Vor allem bei der Harmonisierung der Energiesteuern könnte aus Sicht des Ökonomen ein Kompromiss schwierig werden. Auch im Bereich des Emissionshandels werden wohl einige Länder versuchen, Belastungen für die Industrie zu erleichtern. (Nora Laufer, 16.7.2021)