Hunderte junge Menschen fahren nach einem besonders harten Schuljahr auf eine Halbinsel am Mittelmeer, um nicht nur das Ende des Corona-Schuljahres, sondern das ihrer gesamten Schullaufbahn gebührend zu feiern. Wer selber auf Maturareise war, weiß, was das heißt: 24/7 Party. Zukunftsängste, Sorgen oder Stress haben Pause. Natürlich fließt der Alkohol, mitunter werden auch andere Drogen konsumiert. Euphorie liegt aber so oder so in der Luft. Dass all das ein besonders guter Nährboden für sexuelle Übergriffe sein kann, ist klar.

Dieses Risiko wird nun aber von vielen Menschen in Foren und in sozialen Netzwerken als Tatsache dargestellt. Kommentare wie "Passiert halt, wenn gesoffen wird" oder das allzeit beliebte "War doch immer schon so" liest man unter den aktuellen Berichten über Belästigungs- und Vergewaltigungsvorwürfe. Diese Aussagen sind einerseits erschreckend, andererseits aber auch entlarvend.

Denn die online geposteten Relativierungen zeigen, wie wenig von der weltweit geführten #MeToo-Debatte hierzulande tatsächlich in den Köpfen angekommen ist und sich im Verhalten widerspiegelt. Dass es eben auch nach sieben Bier nicht egal ist, wenn man der Nachbarin oder dem Kollegen an den Hintern greift, wenn sie oder er das nicht will. Oder dass auch ein Kuss in der Disco kein automatisches Ja zum Geschlechtsverkehr ist. Die Relativierungen zeigen: Es gibt noch sehr viel zu tun. (Lara Hagen, 15.7.2021)