Graphen besteht aus einer einzelnen Schicht von Kohlenstoffatomen, die in einem maschendrahtähnlichen Muster angeordnet sind. Forscher der Universität Wien haben nun eine Methode entwickelt, die die kontrollierte Erzeugung von Fehlstellen in Graphen auf Längenskalen erlaubt, die sich der makroskopischen Welt annähern.

Illustr.: AlexanderAlUS

Ein Team um Wiener Physiker schafft es mit einer neuen Methode, das oft als "Wundermaterial" betitelte Graphen zu reinigen, quasi zu perforieren und es dann derart abzuschotten, dass es gezielt mit neuen Fremdatomen bestückt werden kann. Ihren Ansatz stellten die Forscher um Jani Kotakoski von der Universität Wien im Fachmagazin "Nano Letters" vor. Das eröffne neue Anwendungsfelder für das getunte Graphen als Katalysator oder in der Elektronik, so der Forscher.

Manipulation für zahleiche Anwendungen

Graphen besteht aus nur einer einzigen Schicht wabenförmig angeordneter Kohlenstoffatome. Dem Material wird wegen seiner außergewöhnlichen elektronischen, thermischen, mechanischen und optischen Eigenschaften technologisch viel zugetraut. Für viele Anwendungen muss das Graphen allerdings mit anderen Materialien kombiniert oder verändert werden. Dabei können sich seine Eigenschaften stark verändern. Eine Möglichkeit besteht darin, in die Wabenstruktur Fremdatome wie etwa Edelmetalle einzubauen.

Zuerst muss das Material aber mit einigermaßen geordneten Fehlstellen versehen werden, um Platz für die neuen Mitbewohner in der engmaschigen Struktur zu schaffen. Das ist aber nicht so einfach, wie Kotakoski erklärte. Zuerst habe man es bei Graphen nicht nur mit dem makellosen Gitter zu tun, wie es oft dargestellt wird. Das nur eine Atomlage dünne Material sei immer verschmutzt, "und das macht es unmöglich, diese Änderungen zu erzeugen", sagte der Forscher vom Fachbereich Physik Nanostrukturierter Materialien der Uni Wien.

Das zweite Problem war bisher, dass man auf atomarer Ebene nachsehen muss, ob sich denn die Änderungen auch wirklich dort befinden, wo man sie haben möchte. Hier brauchte es unglaublich viele Einzelbilder der winzigen Struktur. "Niemand hat aber Zeit, alle diese Bilder dann zu analysieren", sagte Kotakoski.

Von Argon-Ionen durchlöchert

In Zusammenarbeit mit der US-Elektronenmikroskop-Firma Nion Co. hat das Team um Studien-Erstautor Alberto Trentino und Kotakoski das Graphen zuerst mit seinem neuen "experimentellen Setup" durch Laserbestrahlung weitestgehend gereinigt. Das unverschmutzte Material wird dann mit niederenergetischer Bestrahlung mit Argon-Ionen sozusagen durchlöchert.

Das nächste Problem bestand dann darin, die Fehlstellen auch offen zu halten. Hätte man die Probe durch die Luft in das extrem hochauflösende Nion UltraSTEM 100 Mikroskop verfrachtet, hätten sich irgendwelche unerwünschten Fremdatome ins Gitter geschummelt. "Wir machen das daher alles im Vakuum", sagte der Physiker.

Neue Katalysatoren oder elektronische Bauteile

Durch neue Ansätze der Bildgebung und Datenanalysen mittels maschinellen Lernens schaffte es das Team, dann ein relativ großflächiges Bild vom derart präparierten Graphen zu machen, ohne dass dabei neue Verschmutzungen auftreten. So kann die Veränderung der Probe genau beobachtet werden.

"Die nächste Phase wäre es dann, andere Elemente in diese Defekte aufzudampfen. Dann bekommen wir einzelne Fremdatome, die an die Oberfläche migrieren, die Fehlstellen füllen und dort verankert bleiben", sagte Kotakoski. Tut man dies etwa mit Platin- oder Goldatomen, könnten beispielsweise neue Katalysatoren erzeugt werden, die nur eine Atomlage dünn sind. Etwa durch Goldatome lassen sich auch optische und elektronische Eigenschaften verändern, "dann könnte man vielleicht neue Elektronik machen mit diesen Materialien". An der Entwicklung solcher neuer Strukturen arbeiten die Wissenschafter nun mit ihrer Methode. (APA, 17.7.2021)