Starkregen hat am Samstag unter anderem im Raum Hallein zu Hochwasser geführt.

Foto: APA / FMT-Pictures/Anton Temmel

Im Ortsteil Rehhof in Hallein kam es zu Vermurungen und Überschwemmungen.

Foto: APA/FMT-PICTURES/ANTON TEMMEL

Hier geht es zum STANDARD-Livebericht über die Unwetter in Österreich

Regen, Starkschauer und Gewitter haben am Wochenende Österreich erreicht. Im Bundesland Salzburg ist die Stadt Hallein in den Samstagabendstunden überflutet worden, der Kothbach lief über und verwüstete Teile der Altstadt. Das Land rief den Zivilschutzalarm aus. "Die Bevölkerung wird aufgefordert, in den Häusern zu bleiben, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten und sich auch von den Dämmen der Fließgewässer fernzuhalten", hieß es in einer Aussendung.

Bürgermeister Alexander Stangassinger sagte den "Salzburger Nachrichten": "Es sind auch Personen in der Gefahrenzone, die mittels Hubschrauber geborgen werden müssen." Die Lage gleiche einer "Katastrophe". In einer Neuen Mittelschule wurden kurzfristig Notunterkünfte eingerichtet, wie Stangassinger auf seiner persönlichen Facebook-Seite mitteilte. Personen wurden in Hallein laut Stand vom Samstag, 23 Uhr, nicht vermisst, den Einsatzkräften zufolge gab es vorerst auch keine Verletzten. Stangassinger gab kurz vor Mitternacht Entwarnung, der Kothbach habe sich beruhigt, doch "die Schäden sind jetzt schon enorm", schrieb er.

In Mittersill im Pinzgau wurde zunächst ein Hochwasser-Einsatz eingeleitet, später ebenfalls der Zivilschutzalarm ausgelöst. Die Freiwillige Feuerwehr Mittersill teilte am Samstagabend noch mit, dass die Lage unter Kontrolle sei. "Die Salzach läuft kontrolliert in die dafür vorgesehenen Retentionsräume", schrieb sie auf Facebook. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bedankte sich bereits am Samstagabend via Twitter bei den Einsatzkräften für ihre Hilfe. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bedankte sich bei den Helfern und kündigte an, "Betroffene nicht alleine zu lassen und sie beim Wiederaufbau zu unterstützen".

In der Stadt Salzburg wurde in den Abendstunden der Hochwasserschutz entlang der Salzach errichtet.

Hangrutsch in Kelchsau in Tirol

In Tirol wurde auch für den Bezirk Kufstein der Zivilschutzalarm ausgerufen. Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben und Keller und Garagen zu meiden.

Wie von der Homepage des Landes Tirol hervorging, überschritten die Wasserstände in Tirol an drei Messstellen ein 30-jährliches Hochwasser. Betroffen war gegen Mitternacht die Brixentaler Ache bei Bruckhäusl (Bezirk Kufstein) sowie die Kelchsauer Ache bei Hörbrunn (Bezirk Kufstein). Auch der Gschlösslbach in Innergschlöss (Bezirk Lienz) befand sich bereits über der Marke eines 30-jährlichen Hochwassers.

Aufgrund von Vermurungsgefahr wurde die Felbertauernstraße zwischen der Mautstelle und Hinterburg gesperrt. Die Dauer der Sperre ist derzeit unbekannt. Im Bezirk Kitzbühel liefen zunächst vorwiegend Vorbereitungsmaßnahmen wie das Füllen von Sandsäcken. In Kelchsau war es zu einem kleineren Hangrutsch gekommen, in Aurach (beides Bezirk Kitzbühel) zu kleineren Wasserschäden.

Hunderte Feuerwehreinsätze in Wien

Die Wiener Berufsfeuerwehr rückte wegen der Regenfälle seit dem frühen Samstagvormittag mehr als 900 mal aus, wie sie in einer Aussendung am Sonntag mitteilte. Innerhalb einer Stunde hatte es in Wien 15 Liter pro Quadratmeter geregnet – genauso viel wie insgesamt in den vergangenen sieben Wochen zusammen. Im Lauf des Tages und der Nacht sei die Zahl der Einsätze auf mehrere Hundert gestiegen. "Alle im Dienst befindlichen Feuerwehrleute sind mit der Abarbeitung der Einsätze beschäftigt, dienstfreie Feuerwehrkräfte wurden einberufen und zusätzliche Feuerwehrfahrzeuge in Dienst gestellt", hieß es in der Aussendung weiter.

Es handelte sich offenbar meist um Einsätze wegen überschwemmten Kellern und Unterführungen oder durch den Regen überflutete Fahrbahnen. Zur Unterstützung der Berufsfeuerwehr wurde auch der Katastrophenhilfsdienst des Wiener Landesverbandes hinzugezogen.

Lage entspannte sich in St. Pölten

Gewitter und Starkregen hatten bereits am Samstagvormittag im Bezirk St. Pölten zu rund 50 Feuerwehreinsätzen geführt. Schwerpunkte der Einsätze war der Raum Neulengbach und die Landeshauptstadt. Rund 220 Einsatzkräfte waren ganzen Vormittag damit beschäftigt, Keller auszupumpen und das Wasser von Straßen abzuleiten, berichtete das Bezirksfeuerwehrkommando St. Pölten in einer Aussendung. In St. Pölten und Wilhemsburg wurden vorsorglich Maßnahmen für den Hochwasserschutz getroffen.

Im Bezirk St. Pölten kam es zu einer Vielzahl an Einsätzen der Feuerwehr.
Foto: APA/BFKDO ST.PÖLTEN

Ebenfalls in Niederösterreich hat am Abend die Ybbs nahe Göstling die Hochwasserwarnstufe überschritten, der Pegel stieg dort weiter an.

Warnungen in Oberösterreich

Der Hydrographische Dienst des Landes Oberösterreich rechnete in einer Prognose vom Samstagabend, dass in Flüssen deutlich höhere Pegelstände als zunächst angenommen erreicht werden könnten. Die Warngrenze des Pegels des Inn in Schärding werde demnach am Sonntagvormittag überschritten, der Pegel der Donau soll an mehreren Stellen am Montag gefährlich ansteigen.

Kritisch sei die Lage auch für Bewohner des Inneren Salzkammerguts und in der Pyhrn-Eisenwurzen. Menschen, die entlang von kleineren Bächen oder Flüssen wohnen, sollten Vorkehrungen treffen, da kleine Gewässer sicher über ihre Ufer treten werden.

Katastrophenfall in Berchtesgaden

Auf der deutschen Seite der Grenze ist die Lage auch dramatisch. Zwei Menschen sind im Hochwassergebiet in Oberbayern gestorben. Es sei aber noch unklar, ob deren Tod in Zusammenhang mit dem Hochwasser stehe, sagte die Sprecherin des Landratsamt Berchtesgadener Land, Alexandra Rothenbuchner.

Der Landkreis hatte am Samstagabend den Katastrophenfall ausgerufen. Nach heftigen Regenfällen war der Fluss Ache über die Ufer getreten und hatte Straßen überflutet. Hänge rutschten ab, Keller liefen voll Wasser. Besonders betroffen sind die Gemeinden Berchtesgaden und Bischofswiesen. Menschen wurden teils aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen, weil weitere Hangrutsche drohten. Zahlreiche Straßen sind unpassierbar, unter anderem die Verbindung aus Österreich über Großgmain und Bayerisch Gmain.

Bereits Samstagfrüh zuvor hatte die Österreichische Unwetterzentrale des privaten Wetterdiensts Ubimet – vor allem in Tälern – vor Vermurungen, Überschwemmungen und Hochwasser gewarnt. Im Flachland sei die Hochwassergefahr am Wochenende hingegen eher gering, da das Wasser gut abfließen könne, erklären die Experten. In Tälern wird hingegen geraten, am Wochenende im oberen Stockwerk des Hauses zu übernachten. Die größten Regenmengen seien in der Nacht zu erwarten.

Beruhigung am Montag

Am Montag soll das Hoch Dana dann für eine Wetterberuhigung sorgen. Die Schauer sollen sich wieder in die Alpen zurückziehen und Sonntagnacht allmählich abklingen. Der Montag verläuft laut Ubimet sonniger, die Schauerneigung nehme im ganzen Land ab. Die nächste Woche werde dann allgemein wieder wetterbeständiger verlaufen.

Zuletzt sind weltweit immer wieder Wetterextreme aufgetreten: die Hitzewelle im Westen Kanadas, ein Tornado in Tschechien. In Westdeutschland und Belgien hat ein Starkregen katastrophalen Ausmaßes gerade Täler geflutet und unzählige Menschenleben gekostet.

Wie Hitze wie auch Starkregen im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen, erklärt Marc Olefs, Leiter der Abteilung Klimaforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: Eine entscheidende Rolle spiele das Windband Jetstream. Es bewegt Hoch- und Tiefdruckgebiete von West nach Ost. "Die Arktis erwärmt sich ungefähr dreimal so stark wie unsere Breiten. Dadurch schrumpft dieser Temperaturunterschied, der Wind wird schwächer. Wetterlagen können sich somit länger an einem Ort halten", sagt Olefs.

Treibhausgase und Wetterextreme

Er ist auch überzeugt: "Je mehr Treibhausgase wir weiterhin emittieren, umso häufiger und wahrscheinlicher werden solche Wetterextreme, hier gibt es einen sehr engen Zusammenhang." (luza, mika, APA, 17.7.2021)