In den vergangenen Tagen haben Starkregenfälle und Überschwemmungen viele Menschenleben gekostet und gewaltige Schäden verursacht. Unwetter wie diese werden in Zukunft nicht nur öfter vorkommen, sondern tendenziell auch heftiger werden und länger andauern. Warum das so ist, erklärt Gottfried Kirchengast, Atmosphären- und Klimaphysiker des Wegener-Centers der Uni Graz.

Im Hintergrund der stärkeren und ausgeprägteren Extremwetterereignisse steht das langsamere Weiterziehen der Westströmung, sagt der Wissenschafter. Klimawandelbedingt erwärmen sich die Polargebiete stärker als die äquatornäheren Gebiete. Der Temperaturunterschied zwischen subtropischen und polaren Luftmassen nimmt also ab. "Je schwächer der Temperaturkontrast, desto langsamer bewegt sich die Wellenströmung weiter", erklärt der Klimaexperte. Durch den geringeren Unterschied greifen die Wellen auch weiter nach Norden und Süden aus, weshalb es zu größer ausgeprägten Hoch- und Tiefdrucksystemen kommt.

Bilder wie dieses aus Deutschland werden wir in Zukunft wohl öfter zu sehen bekommen.
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Durch das längere Verbleiben einer Großwetterlage über einem Ort sammelt sich in der durch den Klimawandel wärmeren Luft deutlich mehr Feuchtigkeit – gerade im Sommer. Auch die Gewitterwolken quellen heftiger auf, und die Wolkentürme werden kompakter, erklärt Kirchengast. Mit anderen Worten: Es kann sich wesentlich mehr und oft auch hagelträchtigerer Niederschlag über einer kleineren Fläche entladen.

Breitet sich hingegen ein Hochdruckgebiet aus, entsteht über längere Zeit drückende Hitze – die wiederum zu Trockenheit und Dürre führt. Solche Hitzewellen hatten Europa und mit Rekordwerten auch Kanada erst vor wenigen Wochen fest im Griff.

Schwerwiegende Folgen

Das Nacheinander beider Extreme kann schwerwiegende Folgen haben: Trockener Boden kann Wasser nicht gut aufnehmen. Statt zu versickern, fließt mehr Regen auf der Oberfläche ab und führt zu massiveren Hochwässern. Darüber hinaus sind trockengestresste Bodenschichten weniger geschmeidig und stabil – was wiederum Hangrutschungen begünstigt.

Angesichts der Unwetterkatastrophen appellierte der ZAMG-Klimaforscher Marc Olefs Montagabend im ORF, die Treibhausgasemissionen global so schnell und so stark wie möglich zu senken, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Man könne "an zwei Fronten arbeiten", sagte er in der "ZiB2": Maßnahmen wie mobiler Hochwasserschutz und Retentionsbecken seien Symptombekämpfung, gegen die Ursachen helfe "konsequenter und drastischer Klimaschutz".
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Dieses Zusammenspiel aus länger andauernden Wetterlagen sowie der abruptere Charakter des Wetterablaufs seien "ganz eindeutig ein Fingerabdruck des menschengemachten Klimawandels", sagt Kirchengast. In subtropischen Gebieten seien derartige Extreme noch häufiger. Tatsächlich werden weltweit mittlerweile jeden Tag anormale Extremwetterereignisse gemessen. Auch in den mittleren Breiten nehmen sie klar zu, weiß der Wissenschafter. Als ein Beispiel nennt er Hitzetage in Österreich: In den 2010er-Jahren gab es bereits rund fünfmal so viele Tage mit mehr als 30 Grad als noch in den 1970er-Jahren.

Auch in Europa müsse man sich darauf einstellen, dass Extremereignisse noch intensiver und schadensträchtiger werden. Gibt es ein Zurück? Laut dem Experten sei nun die wichtigste Vorsorge, dass die Effekte nicht weiter aufgeschaukelt und verstärkt werden. Eine Stabilisierung der Wetterextreme sei langfristig möglich, allerdings nur dann, wenn die globale Erwärmung gestoppt wird. "Da helfen nur Klimaschutz und Emissionsabbau im Sinn der Pariser Klimaziele", fasst es Kirchengast zusammen. "Da gibt es keinen anderen Ausweg." (Nora Laufer, 19.7.2021)