Am Wochenende wurde in Graz eine Frau von ihrem Mann angeschossen, der tatverdächtige Ehemann stellte sich der Polizei.

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Eine 36-jährige Frau ist am Sonntagnachmittag in Graz von ihrem Ehemann durch Schüsse verletzt worden. Gegen 17.15 Uhr seien mehrere Notrufe eingelangt, wonach in einem Mehrparteienhaus in der Bienengasse im Grazer Bezirk Lend mehrere Schüsse gefallen seien, gab die Polizei in der Nacht auf Montag bekannt. Eine Polizeistreife habe dann die Frau mit Schussverletzungen in der Wohnung liegend vorgefunden. Der tatverdächtige 44-jährige Mann habe sich kurz darauf selbst gestellt. Er ist geständig, bestreitet aber eine Tötungsabsicht.

Trotz Betretungsverbots zurückgekehrt

Gegen den Mann sei am Samstagnachmittag ein Betretungsverbot verhängt worden, dennoch sei der Staatenlose – laut Medienberichten wurde er in Aserbaidschan geboren – am Sonntagnachmittag in die Wohnung zurückgekehrt. Dabei dürfte es zu einem Streit mit seiner kirgisischen Frau gekommen sein, so die Polizei. Im Stiegenbereich vor der Wohnung dürfte der Mann schließlich mit einer Faustfeuerwaffe mehrere Schüsse auf seine Frau abgegeben haben.

Unmittelbar nach der Tat sei der Mann noch geflüchtet. Kurz nach 18 Uhr sei er dann aber in eine Grazer Polizeiinspektion gekommen und habe gestanden, auf seine Gattin geschossen zu haben. Der 44-Jährige habe sich widerstandslos festnehmen lassen, die Tatwaffe sei sichergestellt worden, so die Polizei. Die 36-jährige Frau sei vor allem an den Beinen schwer verletzt worden und ins LKH Graz eingeliefert worden, Lebensgefahr habe aber keine bestanden, zitiert der ORF Steiermark die Polizei.

Die Polizei sei in der Vergangenheit bei dem Ehepaar schon mehrmals eingeschritten – sowohl gegen den Mann als auch gegen die Frau seien bereits Betretungsverbote ausgesprochen worden, sagte der Polizeisprecher zum ORF. Es handle sich hier offenbar "wirklich um eine zerrüttete Ehe. Die beiden haben sich aber immer wieder zusammengefunden, und so soll es auch Sonntagnachmittag zu einer Aussprache gekommen sein – diese Situation ist dann aber eskaliert."

Tote Frau in Wien wird obduziert

Der achtjährige Sohn sei zur Tatzeit bei einem Bekannten gewesen. Die 15-jährige Tochter des Paares, die zur Tatzeit in der Wohnung war, sei unverletzt geblieben. Beide Kinder würden vom Jugendamt in Zusammenarbeit mit einem Kriseninterventionsteam betreut, gab die Polizei bekannt.

Heuer sind in Österreich bereits 15 Frauen (mutmaßlich) von einem (Ex-)Partner ermordet worden. In zwei Fällen dürften Ehemänner zunächst ihre Frau und dann sich selbst getötet haben. Zuletzt nahm die Wiener Polizei Ermittlungen auf, nachdem eine Frau im 20. Bezirk am vergangenen Sonntag nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus gestorben war. Ärzte hatten am Körper der 36-Jährigen Verletzungsmuster entdeckt, die Fremdverschulden nicht ausschließen können, und die Exekutive informiert. Die Staatsanwaltschaft hat nun die gerichtsmedizinische Obduktion angeordnet, um die Todesursache zu klären.

15 Fälle besonders schwerer Gewalt

Laut der Statistik der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser kam es 2021 außerdem in 14 Fällen zu schwerer Gewalt bzw. Mordversuchen – Stand 26. Juni. Bei dem Fall in Graz dürfte es sich um den 15. Fall besonders schwerer Gewalt in Österreich dieses Jahr handeln.

Die Häufung und besonders dramatische Fälle hatten eine Gewaltschutzdebatte ausgelöst. Nach einem runden Tisch mit Opferschutzeinrichtungen im Mai verkündete die Regierung als Sofortmaßnahme, zusätzlich 24,6 Millionen Euro für den Gewaltschutz aufzubringen. Gewaltschutzeinrichtungen hatten davor 228 Millionen gefordert – und wiederholten diese Forderung auch nach der Finanzierungszusage durch die Regierung.

Zuletzt hat das Parlament als Reaktion auf die Frauenmorde klargestellt, dass Sicherheitsbehörden personenbezogene Daten zum Schutz gefährdeter Menschen auch dann an Interventionsstellen übermitteln dürfen, wenn kein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt wurde. Dies gilt besonders im Falle von Stalking. Namen und Kontaktdaten von gefährdeten Personen werden in einer zentralen Gewaltschutzdatei gespeichert. (APA, red, 19.7.2021)