Dass die neue Couch gemütlich ist, hilft wenig, wenn sie nicht geliefert wird. Der Möbelmarkt spürt den Rohstoffmangel.

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Die neue Küche, die bei einem kleinen Möbelbauer zu Ostern geordert wurde, ist seit Mitte Juli montiert. Nur auf den Kühlschrank heißt es warten. Vor September wird er nicht geliefert werden. Bis dahin muss der bereitgestellte Leihkühlschrank die Lücke füllen. Dass es Wartezeiten geben wird, hat sich bereits zu Ostern abgezeichnet. Dass sie sich bis in den Herbst erstrecken werden, war da noch nicht klar. Aus den zwei Wochen wurden viele. Auch auf das Keramikwaschbecken müssen die stolzen Besitzer noch länger warten.

Lieferkettenprobleme und Knappheit bis Mangel bei manchen Rohstoffen machen auch vor der Möbelbranche nicht halt. Wiewohl das Problem bei Großmöbeln aus der Industrie wie etwa Küchen oder Polstermöbeln im Großen und Ganzen eher bei Einzelteilen ins Gewicht falle, sagt Thomas Saliger, Sprecher des Möbelriesen XXXLutz. Wer einen bestimmten Kühlschrank oder Herd will, könne bisweilen mit Wartezeiten von 14 Wochen anstelle der üblichen sechs bis acht Wochen rechnen.

Spürbarer Rückstau

Der Rückstau an Containern aus Fernost bleibt spürbar. Das macht sich wiederum durch fehlende Komponenten bemerkbar. Wenn etwa Gasdruckfedern fehlen, kann der in Deutschland zusammengeschraubte Drehstuhl nicht finalisiert werden. "Regale, Schreibtischsessel, günstige Boxspringbetten, wir haben unsere Lager entsprechend aufgefüllt", sagt Saliger. Der Konsument sollte also in aller Regel von all den Unwägbarkeiten nur am Rande zu spüren bekommen, ist Saliger überzeugt.

Der Konsument deckte sich zuletzt vermehrt mit neuen Möbeln ein. Laut Branchenradar steckten Österreichs Haushalte im Corona-Jahr 2020 mehr Geld in Einrichtungsgegenstände als in den Jahren zuvor. Besonders begehrt waren dabei Polstermöbel, dort erhöhten sich die Herstellererlöse sogar um 8,4 Prozent gegenüber 2019 auf 219,7 Millionen Euro. So ein starkes Wachstum habe es in dem Bereich in den letzten zwanzig Jahren nicht gegeben. Zwar ging der Umsatz mit gewerblichen Kunden zurück, unterm Strich stand bei Polstermöbeln aber trotzdem ein Plus.

Heimwerkerboom

Als während der Pandemie an Reisen nicht zu denken war und angesichts weitreichender Einschränkungen Arbeit über Unterricht bis Freizeit in den eigenen vier Wänden stattfanden, machten es sich viele zu Hause gemütlich. Es wurde umgebaut, renoviert, gestrichen und eingerichtet. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Horvath ist der Heimwerkerboom neben Lieferkettenstörungen und der Pandemie samt gestiegener Möbelnachfrage auch mit ein Grund für die Knappheit von Rohstoffen wie Holz.

Der nachwachsende Rohstoff war im Mai dieses Jahres um mehr als 38 Prozent teurer als noch ein Jahr zuvor. Hatten Experten vor kurzem noch vorhergesagt, dass sich die Entwicklung des Holzpreises bis Jahresende wieder normalisieren dürfte, dämpfen die Studienautoren diese Erwartung. Befragte Industrieunternehmen erwarten demnach einen Anstieg des Holzpreises bis Jahresende von bis zu 33 Prozent. Und auch bei den meisten anderen Rohstoffgruppen gehen die betroffenen Branchen laut Studie von Preissteigerungen im zweistelligen Bereich aus.

Situation im Griff

Im Möbelbereich habe man die Situation auf den Weltmärkten inzwischen ganz gut im Griff, sagt auch Harald Gutschi, Chef des größten heimischen Online-Händlers Unito: "Wir sind wieder lieferfähig." Man habe seine Lagerkapazitäten aufgestockt, die Lager seien gut gefüllt. Auch wenn man immer noch von der größten Beschaffungskrise der Zweiten Republik sprechen müsse, der Kunde würde dies mittlerweile kaum noch spüren.

Das war noch vor wenigen Monaten anders. Die europäischen Möbelproduzenten hätten nicht rechtzeitig auf die Engpässe reagiert, was für die Kunden zu unerwarteten Wartezeiten geführt hätte. Jetzt seien Lieferzeiten abgesehen von den genannten einzelnen Elektrogerätemarken wieder normal.

Und jetzt? Ob die Preise für die Konsumenten steigen oder fallen, das hänge wohl von den kommenden Monaten ab sagt Saliger. Entweder gehe die Nachfrage, die sich derzeit wieder auf Vor-Corona-Niveau bewege, zurück und die Anbieter reagieren mit aggressiven Preisen. Oder die Volatilität bleibt hoch, dann könnten möglicherweise die Preise für Küchen etwa um zwei bis drei Prozent steigen.

Gutschi sieht keinen großen Spielraum für Preiserhöhungen, auch wenn der Holzpreis seiner Einschätzung nach höher bleiben wird. Einen Teil der – temporär – höheren Kosten werde man wohl schlucken. (Regina Bruckner, Aloysius Widmann, 20.7.2021)