Das Bewusstsein für klimafreundliches Verhalten im Urlaub steigt, auch mehr und mehr Beherbergungsbetriebe springen auf den Zug auf.

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Urlaub machen ohne schlechtes Gewissen angesichts der fortschreitenden Erderhitzung ist jetzt schon möglich und wird, wiewohl noch in homöopathischen Dosen, auch praktiziert. Bei manchen ist es die Entscheidung für einen Urlaub auf dem eigenen Balkon nach dem Motto, zu Hause ist es auch schön, ich muss nicht jedes Jahr verreisen. Für andere, die es daheim nicht mehr aushalten, kann es die An- und Abreise mit der Bahn sowie der Aufenthalt in einem zertifizierten Betrieb sein, der ihr Gewissen beruhigt.

Die Tourismuswirtschaft jedenfalls stehe gewaltig unter Druck, auch in Österreich, sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler am Montag bei der Vorstellung eines Klimaberichts. Der vom Klima- und Energiefonds (Klien) in Auftrag gegebene Special Report "Tourismus & Klimawandel" ist vom Austrian Panel on Climate Change (APCC) verfasst worden und enthält folgende vier Kernaussagen:

Der Wintertourismus ist am stärksten von der Klimakrise betroffen, weil Gäste ihre Urlaubsdestination auf Basis der Schneeverhältnisse aussuchen. Durch Veränderungen der Schneelage seien deutliche räumliche Verschiebungen der Nachfrage zu erwarten. Dies führe zu einer weiteren Konzentration des Wintertourismus auf Gunstlagen im westlichen Tirol sowie in Teilen Kärntens.

Der Sommertourismus sei ebenfalls mit steigenden Risiken konfrontiert. Erhöhte Temperaturen könnten die Saison fürs Wandern, Baden oder Radfahren verlängern, was Zusatznächtigungen im Frühjahr und Herbst bringen könnte. Gleichzeitig aber verändere die Klimakrise die Rahmenbedingungen für Aktivitäten in freier Natur. Gesundheitliche Belastungen würden aufgrund der Hitze stark zunehmen.

Der Verkehr stelle die größte Klimabelastung im Urlaub dar. Von den weltweiten Treibhausgasemissionen entfallen einer australischen Studie von 2019 zufolge rund acht Prozent auf den Tourismus. Österreich dürfte als tourismusintensives Land noch um einiges darüber liegen – genaue Zahlen gibt es nicht. Rund die Hälfte der vom Tourismus verursachten CO2-Emissionen stammen global aus dem Verkehr. 75 Prozent der Österreichurlauber nutzten den Pkw für die Anreise zum Urlaubsort, zehn Prozent das Flugzeug, acht Prozent die Bahn.

Die Beherbergungsbetriebe sehen sich mit steigenden Komfortansprüchen der Gäste konfrontiert – Stichwort Wellness –, was wiederum den Energieverbrauch in die Höhe treibe. Die gute Nachricht: Das Potenzial für mehr Klimaschutz und Energieeffizienz in der Beherbergungsbranche sei groß, die technischen Möglichkeiten zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen seien gegeben.

Tatsächlich hätten viele Hoteliers die Schließungszeit während der Pandemie für den Einbau von Photovoltaikmodulen oder neue Klimatechnik genutzt, sagte Klien-Geschäftsführer Ingmar Höbarth. In zwei Modellregionen wird derzeit ausgelotet, was in puncto Nachhaltigkeit im Tourismus möglich ist. Die Region Zell am See / Kaprun hat sich des Themas Mobilität angenommen mit dem Ziel, den Gästen einen Urlaub ohne eigenen Pkw zu ermöglichen – mit Anreise per Bahn und Elektromobilität vor Ort. Die Region Nassfeld-Pressegger See, Lesachtal, Weißensee in Kärnten wiederum verfolgt mit dem Schlagwort Slow Food Travel die Vision einer autarken Lebensmittelversorgung und testet bis 2023, was das bringen kann.

"Gäste fühlen sich zu wenig informiert"

Die Wichtigkeit von Klimaschutz im Tourismus werde von einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung, aber auch von einschlägigen Betrieben und Verbänden als hoch eingeschätzt, sagte Sophie Karmasin vom gleichnamigen Marktforschungsunternehmen. Ein klimafreundlicher Tourismus wird als große Chance für Österreich angesehen, geht aus einer im Auftrag des Klien gemachten Befragung in Österreich und Deutschland hervor. Bemängelt werden fehlende Auswahlkriterien zur Klimafreundlichkeit eines Betriebs bei Onlinesuchmaschinen. Karmasin: "Gäste fühlen sich zu wenig informiert, was es alles schon gibt." (Günther Strobl, 20.7.2021)