ORF-Chef Wrabetz (rechts) und sein Bau- und Wahlkampfmanager Pius Strobl unterwegs zur Newsroom-Baustelle.

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Der neue Newsroom für alle ORF-Kanäle.

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Als hätten sie sich abgestimmt, um dem Publikum einen gepflegten Wickel zweier ORF-Kandidaten zu liefern: Am Wochenende stellte ORF-1-Managerin Lisa Totzauer in der Presse den gerade frisch gebauten Newsroom für die vereinte ORF-Information infrage. Da hatte der amtierende General Alexander Wrabetz längst für Montag zur Begehung eingeladen. Und er fand in Totzauers Ansagen viel Kommentierenswertes.

Worum geht es? Der ORF hat für 303 Millionen Euro Gesamtvolumen das ORF-Zentrum saniert und für Ö3, Ö1 und einen Newsroom für alle ORF-Medienkanäle neu gebaut. Der Stiftungsrat hat das 303-Millionen-Projekt Küniglberg 2014 samt multimedialem Newsroom beschlossen.

Totzauer bewirbt sich wie Wrabetz um die ORF-Führung ab 1. Jänner 2022. Sie sagt: in einer fragmentierten Medienwelt "hat man es in kleinen, flexiblen Teams leichter als in großen Newsrooms. Ich würde den Newsroom also nicht so aufstellen, wie man ihn im vergangenen Jahrzehnt gedacht und gemacht hat." Totzauer verspricht "starke Sendungsteams", die es zwar gebe, "aber bleibt das im Newsroom so?"

Wrabetz erinnert am Montag auf dem Rundgang an viele seiner Aussagen und Papiere, dass starke Sendungsteams von ZiB 1 und ZiB 2 bis Radio-Journale und Ö3-Information ein zentraler Pfeiler des Newsroom-Konzepts seien neben den Ressorts und dem Newsdesk für Faktenchecks, rasche Reportereinsätze und schnelle Infos auf allen Kanälen von ZiB-Flash und Radionachrichten bis Instagram und, neu, Tiktok (ab September sichtbar). Der ORF-Newsroom sei "State of the Art".

"Gezeigt, dass es geht"

ORF-Bauprojektmanager Pius Strobl, der Wrabetz’ Generalwahlkampf diesmal verletzungsbedingt nur mit einem Ellenbogen begleiten kann, warnt vor Umplanungen auf den letzten Metern: Da sei man rasch bei 50 Millionen Euro Mehrkosten.

Eine Journalistinnenfrage zu Digitalplänen von Totzauer und Wrabetz und den Unterschieden motiviert Wrabetz zu weiterer Exegese der Mitbewerberin. Totzauer sagt im Interview: "Man darf nicht übersehen, dass es Zielgruppen gibt, die von den klassischen Medien überhaupt nicht mehr erreicht werden. Der ORF hat den gesetzlichen Auftrag, die Bevölkerung zu versorgen – aber wir brauchen dafür auch die Instrumente und Möglichkeiten."

Auf Social Media sei dem von Totzauer geleiteten ORF 1 "das eine oder andere gelungen", sagt Wrabetz. Doch "sehr viel relevanter" seien die Aktivitäten der TV-Information auf Social Media. Wrabetz an Totzauer: "Angestrebter Erfolg im Social-Media-Bereich bedeutet nicht, dass man nicht auch im Fernsehen die Zuschauer erreichen muss, wenn man für einen Channel verantwortlich ist." Er nehme nicht an, dass Totzauer ORF 1 aufgeben und durch ein Online- und Social-Angebot wie "Funk" von ARD und ZDF ersetzen wolle, "nur weil es schwierig ist, bei ORF 1 weiterzukommen."

Österreichische Infoformate

Totzauer setzte zunächst stark auf österreichische Infoformate. Wrabetz spitz: "Wir haben in den vergangenen Monaten mit Sportflächen, mit der Sicherung von Sportrechten, mit den großen Unterhaltungsevents und auch im Fiktionalen gezeigt, dass es eh geht, wenn man es richtig macht."

Bewerber Nummer drei dürfte sich unterdessen diese Woche deklarieren, und er könnte die entscheidende bürgerliche Mehrheit im ORF-Stiftungsrat hinter sich haben: Roland Weißmann, ORF-Vizefinanzdirektor und als Geschäftsführer der ORF-Onlinetochter Projektleiter für die geplante Streamingplattform ORF On (Arbeitstitel: ORF-Player).

Im September sollen erste Ausläufer des ORF-Streamingchannels für Nachrichten ("Newsroom") aus dem Player-Angebot auf ORF.at starten. Über "Gemeinsamkeiten" und eine Änderung des ORF-Gesetzes will Wrabetz nach der Generalswahl konkret mit den anderen Medienhäusern verhandeln.

"Unabhängig von Wahl"

Über die Führung des ORF-Newsrooms und der Ressorts will ORF-Chef Alexander Wrabetz noch 2021 selbst entscheiden. Unabhängig davon, ob ihn der ORF-Stiftungsrat nun am 10. August wiederbestellt oder nicht.

Darauf "kann man sich verlassen", sagt Wrabetz und findet es "ganz gut", in einem ORF-Wahljahr zu sagen: "Das kann man jetzt einmal sehr schön und sehr transparent durchführen, unabhängig vom Wahlausgang." (Harald Fidler, 20.7.2021)