20 Kandidat*innen buhlen in der ersten Staffel der lesbischen Dating-Show um das Herz einer Kölner Anwältin.

Foto: Princess Charming TVNOW Screenshot

Dating-Shows sind seit Jahrzehnten fixer Bestandteil der TV-Landschaft, ebenso verlässlich bauen sie auf patriarchale Geschlechterbilder und Hetero-Romantik. Bereits zum elften Mal verteilte der "Bachelor" im Jänner langstielige Rosen, seit 2003 hat sich wenig verändert am in die Jahre gekommenen Format Traumprinz. Umso bahnbrechender wirkt die Reality-Novität "Princess Charming", die seit Ende Mai auf dem Streamingdienst TV Now der RTL-Mediengruppe läuft und seit kurzem komplett ist. 20 Kandidat*innen buhlen in der ersten lesbischen Dating-Show um das Herz der Kölner Anwältin Irina Schlauch, die – zumindest in den ersten paar Folgen – ihrer Prinzessinnenrolle gerecht wird: Dauerlächelnd lädt Schlauch zum Gruppen- und zum Einzeldate, "sie ist so unglaublich schön", schwärmen die Kandidat*innen reihenweise.

Gängige Schönheitsstandards

Das klingt erst einmal recht konventionell, und tatsächlich setzten die Produzent*innen auf die Grundzutaten üblicher Erfolgsformate. Sämtliche Kandidat*innen (19 Frauen und eine non-binäre Person) entsprechen gängigen Schönheitsstandards, allabendlich fiebern sie in Chorformation der Herzensentscheidung der Prinzessin entgegen. Und dennoch: Eine lesbische Dating-Show im TV ist alles andere als selbstverständlich. Noch im Herbst veröffentlichte TV Now einen Casting-Aufruf, der sich an potenzielle Kandidat*innen für eine bisexuelle Dating-Show richtete: Frauen und Männer sollten um eine bisexuelle Kandidatin kämpfen – und das, obwohl der Sender bereits mit seiner schwulen Show "Prince Charming" den Grimme-Preis abgeräumt hatte. Entsprechend hagelte es Kritik von allen Seiten, der Sender sattelte schließlich auf ein rein lesbisches Format um.

Viva la vulva

Lesbische Prominente und Film- und Seriencharaktere seien in Deutschland immer noch mit der Lupe zu suchen, sagt Karin Schupp im STANDARD-Interview, entsprechend begeistert zeigt sich die Online-Redakteurin des "L-Mag" von "Princess Charming": "Wann hat man denn vorher in einer deutschen Fernsehproduktion schon einmal 21 Lesben auf einen Schlag gesehen? Oder überhaupt in der Öffentlichkeit jenseits einer CSD-Demo?", so Schupp.

Erfrischend wirkt die Show nicht nur aufgrund von Dauer-Poolparty und knallenden Korken: Die Produzent*innen haben großteils darauf verzichtet, künstliche Konflikte aufzubauschen, in der Villa auf Kreta regiert die Freund*innenschaft: So thematisieren die Kandidat*innen auch ihre Konkurrenzsituation offen, heißes Knutschen mit der Prinzessin vergönnt man auch der offensichtlich verzauberten Kollegin. Und auch eine ordentliche Portion Body-Positivity hat "Princess Charming" im Gepäck: "Viva la vulva", ruft da Wiki in einer Folge, nachdem die unterschiedlichen Formen von Vulvalippen in entspannter Runde diskutiert wurden.

Hauptsache, Konsens

Lesbischer Liebe Sichtbarkeit zu verschaffen und mit hartnäckigen Stereotypen aufzuräumen motivierte viele der Kandidat*innen erst, sich bei "Princess Charming" zu bewerben – bemüht pädagogisch kommt die Show dennoch nicht daher. Ganz beiläufig lenken Wiki, Gea, Britta und Co immer wieder das Gespräch auf heteronormative Vorstellungen von Liebe, auf Coming-out-Erfahrungen oder auf Penetration: Auf Sex mit Strap-on stehen, Blümchensex oder auch einmal die härtere Gangart? Alles okay, solange es konsensuell läuft. Gerade solche Momente beweisen, dass es klug war, auf ein lesbisches Format zu setzen – andere Sender dürften bald mit eigenen Formaten nachziehen. Denn auch abseits von Dating-Shows ist es um lesbische Repräsentation noch immer schlecht bestellt, weiß Karin Schupp: "Ich denke aber, dass das Thema so langsam bei den Verantwortlichen ankommt. Dass sich Deutschlands größte Film- und Fernsehproduktionsfirma Ufa im letzten Jahr eine Selbstverpflichtung für mehr Diversität gegeben hat, ist ein gutes Zeichen. Das Publikum ist da sowieso schon längst viel weiter." (Brigitte Theißl, 21.7.2021)