Büchner-Preisträger Clemens J. Setz: Erfolg bei Publikum, Kritik, Preisjury.

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Es ist ein Glück, dass Clemens J. Setz seine Bücher auf Deutsch schreibt. Denn es hätte auch anders kommen können. 2015 hat Setz in einer gesundheitlichen Krise nämlich begonnen, sich intensiv mit Plansprachen wie Esperanto zu beschäftigen. Zu literaturtauglicher Meisterschaft hat es dabei zwar nicht gereicht. Dass aber auch Fantasiesprachen kunsttauglich sind, zeigte Setz im letztes Jahr vor gelegten, zwischen Sachbuch und Erfahrungsbericht schwankenden Band Die Bienen und das Unsichtbare.

Es hätte auch deshalb anders kommen können, weil Setz sich als jugendlicher Außenseiter alles andere als für Literatur begeistert hat. Als er infolge seiner Computerspielsucht mit 16 Jahren Migräne bekam, vertiefte er sich dann doch in Bücher: von Ernst Jandl. Weil letztlich alles gutging, können Setz' Bücher heute viele lesen – und ebenso konnte ihn am Dienstag die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung mit dem Georg-Büchner-Preis 2021 auszeichnen, einem der wichtigsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum. Schon länger war der 1982 in Graz geborene und nun in Wien lebende Autor als Kandidat im Gespräch. Von Publikum und Kritik gleichermaßen hofiert, ist er mit 38 Jahren auf dem Olymp angekommen.

Einen Namen hatte er sich als Autor saftiger Geschichten ja längst gemacht. Magisch-realistisch und kurios muten sie oft an. Setz interessieren menschliche Erfahrungen, er hantiert aber ebenso gern mit Irritationen der gewohnten Welt.

Damit auf den Plan getreten ist Setz (das "J.", auf das er aus klanglichen Gründen Wert legt, steht für Johann) erstmals mit Mitte 20. Für sein Debüt Söhne und Planeten wurde er damals 2007 als Wunderkind gefeiert, die Erfolgskette riss mit Die Frequenzen, Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes, Indigo und dem tausendseitigen Die Stunde zwischen Frau und Gitarre nicht ab. 2018 sagte Setz aber zum STANDARD: "Ich merke, dass ich jetzt auch langsamer schreibe, einfach weil mir alles so schlecht vorkommt." Als bisher letzte Prosa erschien 2019 Der Trost runder Dinge. Daneben liegen Theaterstücke, Gedichte, Übersetzungen vor.

"To comfort the disturbed and disturb the comfortable", hat Setz einmal als Motto benannt. Privat hat der einstige Mathematikstudent zudem eine Vorliebe für seltsame Geräusche (ASMR). Man kann das alles auf seinem Twitter -Account nachvollziehen. Dort gibt es auch schönste Beobachtungen zu lesen: "Zikadensommer: die Bäume klingen wie Umspannwerke". (Michael Wurmitzer, 20.7.2021)