Buchen werden bis zu 400 Jahre alt und wachsen vom Ostseestrand bis in 1900 Meter Höhe in den italienischen Alpen. Aber nicht alle überstehen Dürre gleich gut.

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Die Dürre der letzten Jahre hat vielen Buchen, den häufigsten Laubbäumen Österreichs, zugesetzt. Allerdings scheint nicht jeder Baum zu leiden – das beobachtete der deutsche Biologe Markus Pfenninger im Dürresommer 2018: "Völlig gesunde Buchen stehen manchmal direkt neben stark geschädigten." Inzwischen untersuchte er das Phänomen in einer Studie, deren Ergebnisse in Bezug auf den Klimawandel praktischen Nutzen für die Forstwirtschaft haben könnten.

Pfenninger und seine Kollegen vom Loewe-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik in Frankfurt wählten an rund 200 im Bundesland Hessen verstreuten Standorten je zwei Bäume aus: eine gesund aussehende Buche und eine Buche mit Trockenheitsschäden wie aufgerollten Blättern.

Methoden aus der Medizin

Die Bäume standen in einem Radius von fünf Metern beieinander, sodass sich die Wurzelsysteme überlappten und unterschiedliche Bedingungen hinsichtlich Bodenqualität und Wasserverfügbarkeit weitgehend ausgeschlossen werden konnten.

Aus den gesammelten Blattproben gewannen die Forscher die DNA der Buchen, entschlüsselten das Erbgut und verglichen dann Stück für Stück die Genome der gesunden Buchen mit jenen der kränkelnden.

Wissenschafter bezeichnen diese Vorgehensweise als "genomweite Assoziationsstudien". Solche Untersuchungen führt man vor allem in der Medizin durch, um genetische Grundlagen von Erkrankungen zu verstehen: Tauchen einzelne DNA-Variationen etwa auffällig oft bei Diabetikern auf, verknüpfen Forscher diese mit der Krankheit Diabetes.

Analyse des Erbguts

Pfenninger und sein Team identifizierten so rund 80 Regionen im Erbgut, die mit der Trockenheitsresistenz in Verbindung stehen. Die Forscher entwickelten außerdem einen Test, mit dem sich anhand dieser DNA-Abschnitte in Keimlingen vorhersagen lässt, wie gut ein einzelner Baum längere Trockenperioden überstehen könnte. Den Test validierten sie an weiteren 92 Bäumen, von denen nur ein einziger falsch zugeordnet wurde.

"Die Studie wurde sehr sorgfältig durchgeführt", sagt Berthold Heinze von der Abteilung Genomforschung des Bundesforschungszentrums für Wald in Wien, der unter anderem an trockenheitsresistenten Tannen forscht. Heinze hält den Einsatz solcher Gentests für ein hilfreiches Werkzeug, um Wälder so zu bewirtschaften, dass sie fitter für die trockenere und wärmere Zukunft sind: "Das ist unser aller Ziel, solche Gentests zur Verfügung zu haben."

Damit ließen sich bei Aufforstungen gezielt die Samen verwenden, die trockenheitsresistent sind, oder im Wald jene Bäume schlagen, die es nicht sind. Auf diese Weise würde sich der Anteil der trockenheitsresistenten Buchen mit der Zeit erhöhen.

Lebensraum und Nutzpflanze

Die Buche – biologisch korrekt als Rotbuche (Fagus sylvatica) bezeichnet – prägt weite Teile der Wälder Mitteleuropas. Die Bäume sind ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Pilze, Insekten und Vögel. Ihre Früchte, die Bucheckern, wurden in Notzeiten auch von Menschen verzehrt.

Buchen können bis zu 50 Meter hoch wachsen und bis zu 400 Jahre alt werden, und sie werden als Brenn- und Industrieholz geschätzt und intensiv genutzt. Das blieb nicht ohne Folgen: Natürliche, also nutzungsfreie, Rotbuchen-Urwälder sind in Europa so selten geworden, dass sie vor zehn Jahren von der Unesco als Weltnaturerbe eingestuft wurden.

Denkbar ist, dass man der Natur freien Lauf lässt, denn dürreresistente Buchen werden sich besser fortpflanzen als jene, die in Trockenperioden zu kämpfen haben. "Allerdings besteht die Gefahr, dass die Anpassung an den Klimawandel nicht schnell genug verläuft", sagt Pfenninger.

Ein entsprechender Erbguttest, der sich auch für jede andere Baumart entwickeln lässt, könnte den notwendigen Wandel beschleunigen. Heinze gibt allerdings zu bedenken, dass Buchenwälder normalerweise 100 Jahre stehen: "Wir können nicht innerhalb von wenigen Jahren alle Buchenwälder Österreichs ersetzen."

Komplexe Anpassung

Auch ist unklar, ob sich der Test aus Frankfurt auch auf Buchen aus anderen Regionen anwenden lässt. "Unsere Ergebnisse mit anderen Pflanzenarten zeigen, dass genetische Anpassungen an das Klima sehr lokal sein können, und die Studie wurde ja in einem geografisch sehr engen Raum durchgeführt", sagt Christian Rellstab von der schweizerischen Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL, ebenfalls ein Experte in Sachen Baumgenetik.

"Die Buchen in Italien sind sicher etwas anders, weil das ein Rückzugsgebiet während der Eiszeit war", vermutet Heinze. "Viele Genvarianten sind gar nicht nach Mitteleuropa gekommen, weil die Buche sich hauptsächlich über Südosteuropa ausgebreitet hat." Er nimmt an, dass die gefundenen Marker für Buchen nördlich der Alpen funktionieren.

Allerdings ist die genetische Anpassung von Bäumen an das Klima sehr komplex: Höchstwahrscheinlich seien noch weit mehr Gene beteiligt, weswegen die 80 analysierten Erbgutabschnitte wohl kein vollständiges Bild darstellten. "Grundsätzlich ist die weitere Erforschung dieser Gene sehr zu begrüßen, denn wir wären einen noch größeren Schritt weiter, wenn wir verstehen würden, warum manche Bäume Trockenperioden so gut überstehen", sagt Heinze.

Genpoolveränderung unklar

Auch Organismen wie etwa Mykorrhiza-Pilze, die mit den Wurzeln von Pflanzen verbunden sind, sollten laut Rellstab genetisch untersucht werden. Diese Symbionten können bei Trockenheit mitunter eine wichtige Rolle einnehmen, so viel ist in der Pflanzenforschung bereits bekannt.

Der Waldökologe Harald Hugmann von der ETH Zürich fragt sich überdies, was passiert, wenn man nur trockenheitsresistente Individuen pflanzt: "Führt das langfristig womöglich zu einer Verarmung des Genpools, was seinerseits wiederum negative Konsequenzen hätte?"

Pfenninger hält das für unwahrscheinlich. Die Buche verfügt natürlicherweise über eine hohe genetische Vielfalt und ist ein außergewöhnlich anpassungsfähiger Baum: So wächst der am tiefsten gelegene Buchenwald in Deutschland im Rügener Nationalpark Jasmund, wo er bis zum Strand hinabreicht, während der am höchsten gelegene Buchenwald in Italien im Nationalpark Monte Pollino 1900 Meter über dem Meeresspiegel steht. In einer Folgestudie will Pfenninger dennoch untersuchen, ob die Auslese auf Trockenheitsresistenz mit Nachteilen verbunden sein kann. (Juliette Irmer, 22.7.2021)