Es gibt Menschen, die trotz doppelter Impfung erkranken. Doch die meisten haben Vorerkrankungen.

Foto: imago images/Stefan Zeitz

In ganz Europa steigen die Infektionszahlen. Die Hospitalisierungsraten, also der Anteil der Infizierten, die deshalb im Spital behandelt werden müssen, sind derzeit aber niedrig. Die Impfungen schützen effektiv vor schweren Verläufen – das zeigten zuletzt auch Daten aus Großbritannien, Israel und Kanada.

Sehr selten erkranken aber auch doppelt Geimpfte. An sich kommt das nicht unerwartet: Keine Impfung bietet hundertprozentigen Schutz. Es werde einen sehr kleinen Anteil an Geimpften geben, die an Covid-19 erkranken, im Krankenhaus behandelt werden müssen oder sogar sterben, schreibt etwa die US-Gesundheitsbehörden CDC.

Eine israelische Studie hat nun analysiert, wer von solchen Impfdurchbrüchen betroffen ist. Dafür wurden die Daten von 152 Covid-19-Patientinnen und -Patienten ausgewertet, die zwischen Jänner und April in Krankenhäusern behandelt werden mussten. Alle Patienten und Patientinnen hatten beide Teilimpfungen mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer erhalten und frühestens acht Tage nach der zweiten Dosis Symptome entwickelt oder sind positiv auf Corona getestet worden. 61 Prozent entwickelten einen schweren Krankheitsverlauf, 22 Prozent starben an den Folgen.

Gemeinsamkeiten mit Covid-19-Risikopatienten

In ihrer Auswertung stellte das Team mehrere Gemeinsamkeiten zwischen den Patientinnen und Patienten mit jenen Risikogruppen fest, die auch ohne Impfschutz ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hatten: Unter den Betroffenen waren überwiegend ältere Männer, das mittlere Alter der Kohorte betrug 71 Jahre, und Patientinnen und Patienten mit Vorerkrankungen – wobei die Untersuchten etwas häufiger an Vorerkrankungen litten als Menschen, die ohne Impfung schwer an Covid-19 erkrankten.

Nur vier Prozent der Personen, die trotz Impfung erkrankten, waren gesund. Bei den anderen wurde mindestens eine Vorerkrankung diagnostiziert. Am häufigsten waren Bluthochdruck (71 Prozent), Diabetes (48 Prozent) und Herzinsuffizienz (27 Prozent). Zudem litten die Patienten häufig an chronischem Nieren- und Lungenversagen (jeweils 24 Prozent), Krebs (24 Prozent) und Demenz (19 Prozent).

Hoher Anteil an Immunsupprimierten

Darüber hinaus waren 40 Prozent der Betroffenen immunsupprimiert – das bedeutet, dass ihr Immunsystem aufgrund einer Erkrankung herunterreguliert werden musste. Die Gründe dafür waren etwa eine langfristige Kortison- oder Antikörpertherapie, eine Chemotherapie oder Organtransplantation.

Die hohe Rate an Patientinnen und Patienten mit Vorerkrankungen könnte einerseits damit zusammenhängen, dass die Wirksamkeit der Impfung bei ihnen im Schnitt niedriger ist; andererseits könnten Vorerkrankungen das Risiko für einen schweren Verlauf im Fall einer Durchbruchsinfektion erhöhen. Auch könnte beides gleichzeitig der Fall sein, schreiben die Wissenschafterinnen und Wissenschafter in der Fachzeitschrift "Clinical Microbiology and Infection".

Gerade bei älteren und immunsupprimierten Menschen haben Expertinnen und Experten mit der Gefahr von Impfdurchbrüchen gerechnet. Da ihr Immunsystem schlechter funktioniert, fällt auch die Immunantwort nach einer Impfung im Schnitt schlechter aus. Man müsse davon ausgehen, dass es gerade bei jenen zu Durchbruchsinfektionen kommt, die ohnehin ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, sagte etwa der Mediziner und Gesundheitsökonom Thomas Czypionka gegenüber dem STANDARD.

Es brauche nun, so die Wissenschafter, weitere Studien, um Risikopatientinnen und -patienten noch besser zu identifizieren – und diese dann durch Vorsichtsmaßnahmen oder eine erneute Impfung verstärkt zu schützen. In Israel werden Patientinnen und Patienten mit schwachem Immunsystem seit Juli Auffrischimpfungen angeboten. (Eja Kapeller, 23.7.2021)