Hersteller nutzen Erdfarben in Produktverpackungen, um Konsumenten Umweltbewusstsein zu suggerieren. (Symbolbild)

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Die Verpackung kämpft mit einem Imageproblem. Im Diskurs um Klima und Nachhaltigkeit hinterfragen Konsumenten etwa den Nutzen von mehreren Schichten Plastik rund um Produkte. Die Hersteller versuchen, ihre Produkte umweltfreundlicher zu verpacken. Die Ironie: Produzenten setzen bei nachhaltigen Produktverpackungen auf oberflächliche Lösungen.

"Der mit Abstand am öftesten genannte Grund, warum Unternehmen Produktdesigns in den vergangenen Jahren geändert haben, war Umweltfreundlichkeit", sagt Lucia Vilsecker, "man wollte Packaging umweltfreundlicher machen – oder es zumindest so wirken lassen." Vilsecker ist Co-Gründerin der Innovationsagentur Black Swan Magic. Sie hat in ihrem Berufsalltag immer wieder mit der Gestaltung von Produktverpackungen zu tun. Die Agenturchefin arbeitet in ihrem Job mit Unternehmen gemeinsam daran, neue Produkte auf den Markt zu bringen.

Verpackung als Kommunikationsmittel

Packaging ist laut Vilsecker gerade bei Konsumgütern des täglichen Bedarfs essenziell. Grund dafür ist aber nicht das Nachhaltigkeitspotenzial, sondern der Verkaufsgedanke. "Hier werden Kaufentscheidungen am Point of Sale getroffen", sagt die Unternehmerin.

Auch Katharina Auer-Srnka misst der Produktverpackung besondere Bedeutung zu. Sie ist außerordentliche Professorin an der Universität Wien. Ihr Schwerpunkt sind dabei die psychologischen Aspekte von Kauf- und Konsumentenverhalten. Neben dem Schutz der Ware hat Packaging heute auch eine Kommunikationsfunktion. "Über die Verpackung kommuniziere ich als Anbieter mit den Kunden", sagt Auer-Srnka. Hat bis in die späten 1950er typischerweise Verkaufspersonal Konsumenten bedient, haben Kunden seitdem den Kauf buchstäblich selbst in der Hand. "Die Verpackung muss alles transportieren, was der Anbieter aussagen will", sagt Auer-Srnka. Heute bedeutet das auch: Nachhaltigkeit.

Inkonsistente Konsumenten

Verbale Informationen wie detaillierte Herkunfts- und Inhaltsangaben auf Produktverpackungen können Konsumenten den umweltbewussten Einkauf erleichtern. Kaufentscheidungen werden aber trotz aller Umweltgedanken immer noch in wenigen Augenblicken und unbewusst getroffen. Hersteller versuchen deshalb mit nichtverbalen Verpackungsbestandteilen Nachhaltigkeit zu signalisieren. Auer-Srnka sieht Hersteller, die mit Karton statt Plastik und erdfarbenen Verpackungen auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen wollen. "Konsumenten greifen dann zum Spargel im Karton mit Juteband – obwohl er aus dem weit entfernten Ausland kommt."

Überhaupt seien die meisten Konsumenten inkonsistent, was Nachhaltigkeit angeht. Sie seien etwa in der Gemüseabteilung noch bemüht, möglichst plastikfrei einzukaufen. Beim restlichen Einkauf seien Käufer oft weniger sensibilisiert. "Bei den Getränken nimmt man statt einer großen Flasche sechs kleine Flaschen, weil es sich besser kühlen lässt", sagt Auer-Srnka. Sensibilisierung und Information von Kunden sei wichtig. Die Marketingexpertin sieht die Verantwortung aber klar beim Gesetzgeber. "Wenn man Nachhaltigkeit über die breite Masse steuern will, muss es gesetzliche Regelungen geben", sagt Auer-Srnka und nennt als Positivbeispiel die Bepreisung von Plastiksackerln, die etwas verändert habe.

Eigene Verpackungen mitnehmen

Die beste Verpackungsstrategie für jene, die nachhaltig einkaufen wollen, ist für Auer-Srnka hausgemacht – oder kommt zumindest von dort: "Verwenden Sie einfach die eigenen Gebinde", sagt die Marketingexpertin und rät zum eigenen Einkaufsbeutel oder wiederverwendbaren Behältern. Außerdem sollten sich Konsumenten darüber im Klaren sein, wozu Packaging dient: "Seien Sie sich dessen bewusst, dass die Verpackung informiert – aber auch stimuliert, verführt und manchmal auch irreführt."

Agenturchefin Vilsecker ist übrigens trotz ihrer fachlichen Nähe nicht Fan aller Verpackungen. "Alles, wo Produkte in Plastik verpackt sind, um dann noch einmal in Plastik verpackt zu werden", findet sie eine schlechte Verpackungslösung. "Sensationell" findet sie hingegen das Packaging von Cornflakes. Die rechteckigen Verpackungen hätten auch unbedruckt Wiedererkennungswert. Dass das "banale Rechteck" aus Karton nachhaltiger ist als Plastik, spielt vielleicht auch eine Rolle. (Ana Grujić, 22.7.2021)