Zadić zeigte sich über die EU-Kritik an Österreich besorgt.

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Martin Kreutner sieht Forderungen des Rechtsstaatsvolksbegehrens durch EU-Bericht bestätigt.

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Das Österreich betreffende Ergebnis des Rechtsstaatlichkeitsberichts der Europäischen Union wird hierzulande höchst unterschiedlich aufgenommen. Der Bericht zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in allen 27 EU-Staaten, der heuer zum zweiten Mal erstellt wurde, bescheinigt Österreich insgesamt eine positive Tendenz – in Gefahr sieht die EU den Rechtsstaat in Polen und Ungarn. Bedenken wurden bei Österreich aber wegen politischer Störfeuer bei Korruptionsermittlungen und hinsichtlich des hohen Ausmaßes an Regierungsinseraten in Medien geäußert. Zudem bleibe die Kontrolle von Parteienfinanzierung ein Problem, hieß es.

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hat sich über die Bestnoten für die österreichische Justiz im EU-Rechtstaatlichkeitsbericht erfreut gezeigt, gleichzeitig aber über die Kritik darin besorgt gezeigt. Es gebe ihr zu denken, "dass auch die EU in den wiederholten pauschalen Angriffen auf die Staatsanwaltschaften und insbesondere auf die WKStA besorgniserregende Entwicklungen für den Rechtsstaat sieht", sagte Zadić in einer Stellungnahme am Mittwoch. "Das ist ein klarer Auftrag keine Parteipolitik auf Kosten des Rechtsstaates zu machen", so Zadić in Richtung ÖVP.

Edtstadler weist Kritik zurück

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) beurteilt den Bericht anders, wobei sie betont, dass er vor allem positiv ausfällt. "In allen Rankings – ob Medienpluralismus, Korruptionsbekämpfung, unabhängige Arbeit der Journalistinnen und Journalisten – schneiden wir sehr, sehr gut ab", sagte sie Ö1. Es gebe aber auch einige Bereiche des Berichts, bei denen sie die Einschätzung nicht teile. "Man muss einige Kriterien noch genauer ausarbeiten, um den Bericht nachvollziehbarer zu erstellen", meint Edtstadler.

Schon am Dienstag, als der Bericht veröffentlicht wurde, war Edstadler auf einzelne Kritikpunkte eingegangen: "Die Justiz ermittelt frei und unabhängig. Kritik muss in einem Rechtsstaat aber an jeder Institution möglich sein", sagte sie da der APA. Zur Kritik an den Inseraten erklärte Edtstadler, der Berichtszeitraum umfasse die Bewältigung der Corona-Krise, wo es von zentraler Bedeutung gewesen sei, die Öffentlichkeit wirksam und treffsicher zu informieren. Die Kritik richte sich auf alle staatlich finanzierten Inserate. Die Regierung mache hier nur einen kleinen Teil der 223 Millionen Euro aus, dies sei weniger als ein Viertel. Umfasst sei genauso die Stadt Wien, die "enorme Summen" für Inserate ausgebe.


Martin Kreutner, Ex-Chef der Antikorruptionsakademie und Mitinitiator des Rechtsstaats-Volksbegehren, sagte zu den Kritikpunkten des EU-Berichts im Ö1-"Morgenjournal": "Für mich ist es leider nicht überraschend, wir haben derartige Vorgaben durch den Europarat seit Jahren bekommen. Wir sind im letzten Korruptionsindex hinuntergesackt, und nun hat uns die Europäische Union bestätigt, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt."

Als wichtig stuft Kreutner einige Forderungen ein, etwa "die nach echter Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften von politischer Einflussnahme, die Schaffung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft, die Umsetzung einer echten Antikorruptionsstrategie". Letztendlich sei der Bericht "eine Reflexion all dessen, was auch im Antikorruptionsvolksbegehren steht". In einer Aussendung bezeichnete Kreutner das Ergebnis in Vertretung der Volksbegehrens-Initiatoren zudem als "beschämend", die Forderungen des Volksbegehrens würden darin voll bestätigt.

"Die Ermittlungen gegen politische Korruption auf hoher Ebene haben sich nach den jüngsten politischen Skandalen intensiviert", heißt es in der Zusammenfassung des länderspezifischen Berichts. Mit Korruptionsfällen "betraute Staatsanwälte wurden jedoch mit negativen Narrativen einiger Politiker konfrontiert". Zudem kritisierte die EU-Kommission die Berichtspflichten für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Auch bemängelte die EU-Behörde die fehlende Verpflichtung für Parlamentarier in Österreich, "ihre Vermögen, Interessen, Schulden und Verbindlichkeiten" offenzulegen. Die EU-Kommission äußerte auch Bedenken hinsichtlich der "Fairness und Transparenz" bei der Zuteilung von Regierungsinseraten an Medien.

SPÖ sieht "türkise Machtspiele identifiziert"

Die SPÖ sieht durch den Bericht "den Kern der türkisen Machtspiele identifiziert: machtversessene Medienpolitik, die mit Millionen an Werbegeldern abgesichert ist, sowie die Einschüchterungsversuche gegen die Justiz". Die Neos sehen sich in ihren Forderungen bestätigt: "Ineffektive Korruptionsermittlungen, undurchsichtige Parteifinanzen und ungerecht behandelte Medien sind Gift für eine demokratische Gesellschaft, das sollten auch die Regierungsparteien jetzt endlich erkennen", hieß es in einer Aussendung. (spri, 21.7.2021)