In der ersten Bildungseinrichtung gibt es nicht nur für Kinder viel zu tun.

Foto: imago

In der Pandemie hat er neben seiner großen Schwester Schule in die breitere Öffentlichkeit geblinzelt: der Kindergarten. Aus eigener Kindheitserfahrung ist er meist diffus in Erinnerung. Für Eltern mit Kleinkinder unersetzlich. Für Politiker als Einleitungssatz gern zitiert in Sonntagsreden, wenn es um Bildung geht. Und für Pädagoginnen ist der Kindergarten ein Job, der wenig gesellschaftliche Wertschätzung bekommt und grosso modo schlechte Arbeitsbedingungen hat.

In einer Studie der Uni Wien zeigt sich, dass die Corona-Pandemie bereits existierende Probleme nochmals verschärft hat. 90 Prozent der Elementarpädagoginnen berichten von stetig steigenden Anforderungen und 79 Prozent von großem Zeitdruck und damit verbundenem Stress. Ist der Kindergarten, der oftmals als eine so wichtige erste Bildungseinrichtung zitiert wird, eine Großbaustelle, die von uns als Gesellschaft übersehen wird?

Mangelhafte Ausstattung

Wenn es um die Arbeitsbedingungen und das Image der Kindergartenpädagoginnen geht, jedenfalls. Im aktuellen Bildungsklima-Index der Mega-Bildungsstiftung, einer Umfrage unter 1.200 Pädagogen, Eltern und Schülern, werden die Rahmenbedingungen lediglich durchschnittlich bewertet. Vor allem bei Basics wie Ausstattung, Gebäude, Gruppenräume besteht für die Befragten dringender Handlungsbedarf. Für 43 Prozent der Elementarpädagoginnen hat die Ausstattung oberste Priorität. Auch im Relevanzvergleich zu Pädagoginnen in der Schule ein besonders wichtiges Thema im Kindergarten. Das könnte man mit Wille und Geld recht zügig ändern.

Wirklich nachdenklich machen Antworten auf eine andere Frage der Studie: die Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit von Pädagoginnen. Kein Hygienefaktor, sondern ein zentraler Motivationsfaktor, wenn es um einen der wichtigsten Jobs in der Republik geht. Während über 90 Prozent der Eltern in der Arbeit von Kindergartenpädagogen einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft sehen, geben nur sechs Prozent der Elementarpädagoginnen an, dass ihr Beitrag von der Gesellschaft anerkannt wird. Eine Kluft, bei der es anzusetzen gilt.

Prägende Zeit

Andreas Lechner, Generalsekretär der Mega-Bildungsstiftung.
Foto: ho

Das Selbstverständnis und die Haltung einer Profession wirken sich, wenn auch nicht sofort sichtbar, stark auf die tägliche Arbeit und den langfristigen Erfolg aus. In anderen Berufsbranchen würden längst die Alarmglocken läuten. Vermutlich gleicht die erfüllende Arbeit mit Kindern mancherorts fehlende Ressourcen und Personalmangel aus. Wenn wir es jedoch mit der Bedeutung der ersten Lebensjahre und einem Kindergarten als der ersten prägenden Bildungseinrichtung wirklich ernst meinen, braucht es eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung. (Andreas Lechner, 22.7.2021)