Minister Nehammer ist ob der vielen Vorurteilsmotive bei Strafanzeigen beunruhigt.

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Als Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) den Hate-Crime-Bericht präsentierte, waren da durchaus einige eingestandene Fehler zwischen den Zeilen. Man habe "Handlungsbedarf" gehabt, wenn es um die Kriminalanalyse geht, und man müsse sich einem "intensiven Prozess stellen", sagte er. Der vorliegende Bericht sei nur "der Anfang davon".

Was er mit dem Prozess meint, ist, dass nun auch erfasst wird, wenn eine strafbare Handlung "vorurteilsmotiviert war", wenn dahinter eine "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" lag. Kurzum: wenn es sich um Hate Crime handelt.

Erst seit zwei Jahren erfasst

Das bedeutet, dass jemand eine Straftat deswegen begeht, weil der Täter oder die Täter Vorurteile gegen das Opfer hat. Etwa wegen des Geschlechts, der Herkunft oder Hautfarbe, der sexuellen Orientierung, der Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung oder eines bestimmten sozialen Status. Oder wenn der Täter oder die Täterin nur annahm, dass das Opfer einer diesen Gruppen angehören würde.

Hate Crimes werden nun seit zwei Jahren von Polizeibeamtinnen und -beamten dokumentiert. Über den Zeitraum von November 2020 bis April 2021 wurde ein 168 Seiten starker Bericht erstellt. Diese Taten, so sagte Reinhard Schnakl, der stellvertretende Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, würden schwerer wiegen als andere Strafrechtsdelikte, "weil sie neben dem Opfer auch auf alle Träger und Trägerinnen der selben Identitätsmerkmale abzielen und oft sogar die gesamte Gesellschaft betreffen".

Vor allem der Westen betroffen

Laut Innenministerium wurden bei 1.936 vorurteilsmotivierten Straftaten 2.402 Vorurteilsmotive gezählt. Davon betrafen 724 die Kategorie "Weltanschauung" (davon rund 50 Prozent Verstoße gegen das Verbotsgesetz), 309 betrafen die Religion (140 antisemitische und 99 antimuslimische Motivation), 157 die Hautfarbe, 129 das Geschlecht (davon 112 Frauen), 109 betrafen das Alter, 97 die sexuelle Orientierung (davon 71 Homosexualität) und 90 den sozialen Status.

Weiter heißt es in dem Bericht: "Verglichen mit der polizeilichen Kriminalstatistik 2020 waren die erfassten Tatverdächtigen bei Hate Crimes häufiger jugendlich, männlich mit österreichischer Staatsbürgerschaft ohne Wiener Wohnsitz, wenn man von Vorurteilsdelikten wegen 'Geschlecht' oder christlicher Religion absieht." Noch stärker sei das bei Verhetzungen und nationalsozialistischen Wiederbetätigungen der Fall gewesen.

Am meisten davon wurde – in Relation zur Bevölkerung – im Westen des Landes erfasst, konkret in Salzburg, Oberösterreich und Vorarlberg. Etwa ein Drittel der Taten habe im öffentlichen Raum stattgefunden, etwa 22 Prozent im Internet und etwa 15 Prozent im persönlichen Bereich. Zu den Tatorten wird im Bericht außerdem festgehalten, dass Hate Crimes wegen der Hautfarbe oder jüdischer Zugehörigkeit oft im Internet stattgefunden hätten, während Vorurteilsdelikte gegen Muslime öfter im (halb-)privaten Bereich begangen worden seien. (elas, 21.7.2021)