In Europa macht man sich um die Uiguren Sorgen.

Foto: Kenzo TRIBOUILLARD / AFP

Die Geschichte der westlichen Unternehmen, die vor chinesischen Nationalisten einknicken, ist diese Woche um ein Beispiel länger geworden. Der französische Fotograf Patrick Wack (hier sein Instagram-Account) hat über Jahre die Region Xinjiang in West-China bereist. Seine Bilder zeigen oft seltsam entrückte Landschaften und Menschen, die etwas von fremder Schönheit und tiefer Trauer erzählen.

Oft bekommen die Bilder durch Wacks Erklärungen und Hashtags eine besondere Brisanz. So war es auch bei den zehn Fotos, die im Instagram-Feed des Unternehmens Kodak landeten. Eines davon zeigt eine junge Frau auf einer grünen Wiesen in scheinbarer Einsamkeit. Darunter stand "Massenarbeitslager werden in der Region aufgebaut – ein Zeugnis für Xinjiangs abrupten Abstieg in eine Orwell’sche Distopie".

Schnell sprangen nationalistische chinesische Internetuser darauf an und bombardierten sowohl Wack als auch Kodak mit Nachrichten. "Falls du in China bist, solltest du ausgewiesen werden. Ich werde dich der Polizei melden", schrieb ein User namens "chinese_united", und das war noch einer der harmloseren Kommentare.

"Hass-Nachrichten"

"Ich habe Hunderte von Hass-Nachrichten bekommen, die mich als CIA-Agenten beschimpfen, der westliche Propaganda betreibt, als Rassist und vieles mehr", sagt Wack. "Manche rufen mich sogar an. Noch befremdlicher ist es, dass sich auch Amerikaner darunter befinden." Aber auch Kodak wurde westlicher Propaganda beschuldigt. Das Unternehmen knickte ein, wohl aus Furcht, chinesische Kunden zu verlieren: Die Verantwortlichen löschten Wacks Foto, mit dem Hinweis, man wolle sich aus politischen Angelegenheiten heraushalten. "Die politischen Ansichten von Hrn. Wack entsprechen nicht denen von Kodak, und Kodak befürwortet diese auch nicht. Wir bitten um Entschuldigung für die Missverständnisse und Verletzungen, die dieser Post verursacht haben könnte."

Auch der nationalistischen chinesischen Zeitung "Global Times" war das einen eigenen Artikel wert. In dem gab man sich naiv und führte die Idylle, die Wack auf seinem Fotos oft zeigt, als Beweis dafür an, dass es keine Arbeitslager gebe. Dem Fotografen unterstellte man Gier nach Geld und Aufmerksamkeit. Wack, der viel Zeit in Shanghai verbracht hat und mittlerweile in Berlin lebt, meint zum Vorgehen von Kodak: "Weil sie eingeknickt sind, haben sie nun alle verärgert. Es ist peinlich."

Existenz der Lager belegt

Der Fotograf wiederum erhielt zahlreiche Mails und Posts, die das Vorgehen von Kodak verurteilten und sich solidarisch mit Wack erklärten. Die Existenz der Konzentrationslager in der hauptsächlich von Uiguren bewohnten Autonomen Region Xinjiang ist durch die Arbeit des Menschenrechtskaktivisten Adrian Zenz und die Zeugenaussagen Überlebender mittlerweile gut belegt. Über eine Million von Uiguren wurden über Monate unter schrecklichen hygienischen Bedingungen in Lagern festgehalten, wo es zu Zwangsterilisierungen, Folter und Gehirnwäsche kam.

Dass westliche Unternehmen einknicken aus Furcht, sie könnten chinesische Kunden verlieren, kommt immer wieder vor. Der deutsche Autohersteller Daimler bat zum Beispiel vor drei Jahren das chinesische Volk um Entschuldigung, weil man ein Zitat des Dalai Lama für eine Werbung verwendet hatte. (Philipp Mattheis, 21.7.2021)