Das jüngste Hochwasser in Deutschland hat mehr als 170 Menschen das Leben gekostet und Schäden in Milliardenhöhe verursacht.

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London – Der versicherte Schaden durch Naturkatastrophen hat nach Daten des Großmaklers Aon in der ersten Jahreshälfte mit 42 Milliarden Dollar (35,7 Milliarden Euro) ein Zehn-Jahres-Hoch erreicht. Allein die extreme Kälte im Februar in den USA habe entsprechende Schäden von 15 Milliarden Dollar verursacht, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Schwere Stürme in West- und Mitteleuropa im Juni schlugen mit 4,5 Milliarden Dollar zu Buche.

Aon zufolge können in den ersten sechs Monaten weltweit rund 3.000 Todesfälle auf Naturkatastrophen zurückgeführt werden, 800 davon auf die Hitzewelle im Westen Kanadas und der USA Ende Juni. Die jüngsten Überschwemmungen vor allem in Deutschland fallen ins zweite Halbjahr.

Laut den Aon-Daten belief sich der wirtschaftliche Schaden durch Naturkatastrophen in der ersten Jahreshälfte insgesamt auf 93 Milliarden Dollar und blieb damit unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt. Das erklärt sich daraus, dass Katastrophen in Industriestaaten meistens zu höheren versicherten Schäden führen. So stehen allein die USA für 72 Prozent der weltweit versicherten Schäden im ersten Halbjahr.

Aufräumen in Österreich

In den heimischen Hochwassergebieten geht das Aufräumen weiter. Auch die Bestandsaufnahme der Schäden nahm Fahrt auf. In Niederösterreich wurde im Bezirk Krems die Einstufung als Katastrophengebiet für Paudorf und Furth nach Angaben des Landes bereits aufgehoben. Für Neuhofen an der Ybbs, Ferschnitz und Euratsfeld im Bezirk Amstetten sowie Aggsbach-Dorf in der Gemeinde Schönbühel-Aggsbach (Bezirk Melk) galt dies nach wie vor.

In den Gemeinden wurden Schadenskommissionen gebildet, die teilweise schon ihre Arbeit aufgenommen haben. Ab Mittwoch werden sie nach Angaben des Landes überall in den betroffenen Gebieten unterwegs sein. In den nächsten Tagen werden die Kommissionen die Schäden begutachten und die Ansuchen an den Katastrophenfonds stellen. Das Ausmaß der Schäden lässt sich noch nicht beziffern.

Hochwasser in Deutschland

In Deutschland wird man sich langsam des Ausmaßes der Katastrophe bewusst. Die verheerenden Überschwemmungen im Rheinland und der Eifel dürften nach Schätzungen des Versicherer-Branchenverbandes GDV die teuerste Naturkatastrophe in Deutschland der vergangenen 20 Jahre werden. Der tatsächliche Schaden wird aber noch höher sein, weil nur 45 Prozent der Gebäude in Deutschland gegen Überschwemmungen und Starkregen (Elementarversicherung) versichert sind. Das Jahr 2021 werde damit voraussichtlich das schadenträchtigste seit 2002.

Die deutschen Versicherer müssen nach ersten Schätzungen bis zu fünf Milliarden Euro für die Schäden zahlen, die das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz angerichtet hat. "Wir rechnen momentan mit versicherten Schäden von vier bis fünf Milliarden Euro", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen, am Mittwoch.

Die Schäden in Bayern und Sachsen seien dabei nicht eingerechnet. Das Tief Bernd wäre damit die teuerste Naturkatastrophe in Deutschland in diesem Jahrtausend. Die Schäden dürften sogar noch über den 4,65 Milliarden Euro liegen, die das Hochwasser an Elbe und Oder im August 2002 verursacht hatte.

Die teuersten Naturkatastrophen in Deutschland seit 2002

Die Auflistung betrachtet versicherten Schaden in der Sach- und Autoversicherung:

  • Juli 2021: Hochwasser in Rheinland und Eifel bis 5 Milliarden Euro (vorläufige Schätzung)
  • August 2002: August-Hochwasser, Elbe und Oder, 4,5 Milliarden Euro
  • Jänner 2007: Sturm Kyrill, 3,4 Milliarden Euro
  • Juli 2013: Hagel Andreas und Bernd, 3,1 Milliarden Euro
  • Juni 2013: Hochwasser, Bayern/Sachsen, 2,1 Milliarden Euro
  • Juni 2021: Hagelserie, v. a. in Süddeutschland ,1,7 Milliarden Euro (vorläufige Schätzung)
  • Oktober 2002: Sturm Jeanett, 1,4 Milliarden Euro
  • Mai 2008: Hagel Hilal, 1,3 Milliarden Euro
  • Jänner 2018: Sturm Friederike, 1,15 Milliarden Euro

    (APA, red, 21.7.2021)