Hat mit Regisseurin Alma Har'el einen Musikfilm mit Film-noir-Anklängen verwirklicht: Bob Dylan in "Shadow Kingdom".

Foto: Veeps.com

Bob Dylan und seine Musikantenschar in "Shadow Kingdom".

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In diesem Club wird gepofelt, was das Zeug hält. Die Frauen würden jedem Film noir zur Ehre gereichen. Die Männer trinken gelangweilt ihr Bier oder fordern die Frauen zum Tanz, während eine altmodische Klimaanlage für Abkühlung sorgt. Inmitten der Rauchschwaden gibt Bob Dylan mit vier maskierten Musikanten lange nicht mehr gespielte Songs zum Besten. Ohne Schlagzeug, dafür mit Mandoline und Akkordeon und einer Blondine am Kontrabass.

Ebenso oft wie in eine Spelunke im US-amerikanischen Süden der 1940er-Jahre fühlt man sich in einen Traum von Twin Peaks-Schöpfer David Lynch oder ein altes Musik-Special versetzt. Shadow Kingdom ist Dylans jüngster Streich. Statt wie erwartet ein Live-Konzert mit seiner bewährten Tourband zu filmen, hat der 80-Jährige zusammen mit Regisseurin Alma Har'el (Honey Boy) und jüngeren Musikern für die Streaming-Plattform Veeps.com einen stark stilisierten Schwarzweißfilm kreiert.

Trailer zu Bob Dylans "Shadow Kingdom".
Bob Dylan

Jeder der 13 Songs bildet darin eine eigene Vignette, die ein aus der Zeit gefallenes, mythisches Amerika der Diners und Juke Joints beschwört. Die Uhr an der Wand ist sprichwörtlich stehen geblieben. Im Fokus steht aber Dylans konzentrierter Gesang, mit dem er frühe Songperlen, aber auch das spätere, geisterhafte What Was It You Wanted? faszinierenden Neudeutungen unterzieht. Den Bon Bon Club in Marseille, der im Nachspann angeführt wird, gibt es nicht wirklich. Noch ein paar Tage länger als ursprünglich geplant, nämlich bis Sonntagnacht, kann man aber in Dylans wundersame Clubfantasie eintauchen. Mit einem der lohnendsten Tickets, die die Streaming-Welt derzeit zu bieten hat. (Karl Gedlicka, 22.7.2021)