Den Kunstflug und die Landung beherrschen sie autonom schon recht gut, aber wenn es um Geschwindigkeit geht, war beim Steuern von Quadcopter-Drohnen bisher der Mensch einer KI deutlich überlegen. Nun aber haben Forscher an der Universität Zürich (UZH) einen Algorithmus entwickelt, dank dem eine autonom fliegende Drohne erstmals einen Rundkurs schneller absolvierte als von Profi-Drohnenpiloten gesteuerte Geräte.

Geschwindigkeit ist Trumpf

Das Tempo, mit dem bei einem Drohneneinsatz eine Aufgabe erledigt wird, ist von entscheidender Bedeutung. Aufgrund ihrer begrenzten Akkulaufzeit sollten sie beispielsweise die Suche nach Überlebenden in einem Katastrophengebiet, die Inspektion eines Gebäudes oder die Lieferung von Waren in kürzest möglicher Zeit erledigen. In der Praxis fliegen die Drohnen dabei verschiedene Wegpunkte ab oder inspizieren bestimmte Orte und müssen jedes Mal die beste Flugbahn und die richtige Beschleunigung wählen.

Die besten menschlichen Drohnenpiloten schneiden bei solchen Manövern sehr gut ab und haben autonome Systeme bei Drohnenrennen bisher immer übertroffen. Nun hat ein Team um Davide Scaramuzza von der einen Algorithmus entworfen, der die schnellste Flugbahn finden kann, um einen Quadcopter – eine Drohne mit vier Propellern – durch mehrere Wegpunkte auf einem Rundkurs zu führen.

Eine Drohne fliegt bei einem Hochgeschwindigkeitsmanöver entlang einer zeitoptimalen Flugbahn.
Foto: Robotics and Perception Group, Universität Zürich

Weltklasse-Piloten hinter sich gelassen

"Unsere Drohne ist die schnellste Runde geflogen und hat dabei zwei Weltklasse-Piloten auf einer experimentellen Rennstrecke geschlagen", sagt Scaramuzza, der die Robotics and Perception Group an der UZH leitet sowie die Rescue Robotics Grand Challenge des NCCR Robotics, der die Forschung finanziert hat.

"Dieser Algorithmus ist der erste, der die schnellstmöglichen Flugbahnen generiert und gleichzeitig die Limiten der Drohne wirklich berücksichtigt", meint Scaramuzza. Frühere Arbeiten vereinfachten entweder das Quadcopter-Modell oder die Darstellung der Flugbahn und waren daher suboptimal. "Bisher hat man die Flugbahn in Abschnitte aufgeteilt und bestimmten Wegpunkten zugeordnet. Die neue Schlüsselidee ist, dass unser Algorithmus der Drohne nur sagt, dass sie alle Wegpunkte durchfliegen soll – aber nicht, wie oder wann sie das tun soll", erklärt Philipp Föhn, Erstautor der im Fachjournal "Science Robotics" erschienenen Studie.

Externe Augen

Ganz ohne Hilfe von außen kam man für den Sieg allerdings nicht aus: Die Forscher setzten externe Kameras ein, um die Bewegung präzise zu erfassen und – im Falle der autonomen Drohne – dem Algorithmus in Echtzeit Informationen darüber zu geben, wo sich die Drohne gerade befand. Um einen fairen Vergleich zu gewährleisten, bekamen die professionellen Piloten die Möglichkeit, vor dem Rennen auf der Strecke zu trainieren.

Um die komplexen aerodynamischen Effekte bei einem Drohnenflug erkennen zu können, schicken die Forscher ihre Fluggeräte durch Rauchschwaden.
Foto: Robotics and Perception Group, Universität Zürich

Letztlich half das den Piloten aber wenig. Alle Runden, die der Algorithmus bestritt, waren schneller als die der Menschen. Zudem blieb die Leistung konstant: Hat der Algorithmus einmal die beste Flugbahn gefunden, kann er sie im Gegensatz zu menschlichen Piloten viele Male identisch reproduzieren.

Bis zu einer Stunde Rechenzeit

Vor einem kommerziellen Einsatz muss der Algorithmus allerdings rechnerisch noch vereinfacht werden, da der Computer derzeit bis zu einer Stunde braucht, um die schnellstmögliche Flugbahn berechnen. Außerdem ist die Drohne für die Berechnung des eigenen Standorts auf die externen Kameras angewiesen. In Zukunft wollen die Wissenschafter dazu aber Onboard-Kameras einsetzen. Der Nachweis, dass eine autonome Drohne prinzipiell schneller fliegen kann als menschliche Piloten, ist vielversprechend, so die Forscher. "Dieser Algorithmus kann vielfach angewendet werden, etwa für Paketzustellungen mit Drohnen, für Inspektionen oder für Such- und Rettungsaktionen in Notlagen", sagt Scaramuzza. (red, 22.7.2021)