Die Belgier Wout Van Aert, Greg Van Avermaet und Sven Vanthourenhout bereiten sich am Fuji-Speedway vor.

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Tokio – Einige Radstars sind von der Tour de France direkt nach Japan weitergereist, wo es am Samstag (4 Uhr MESZ) auf einem enorm anspruchsvollen Kurs um Olympiamedaillen geht. Im Straßenrennen der Männer sind 234 Kilometer mit fast 5.000 Höhenmetern zu bewältigen. Die Strecke führt aus einem Vorort von Tokio über mehrere Pässe zum Fuji-Speedway. Für Österreich treten Tour-Etappensieger Patrick Konrad, Hermann Pernsteiner und Gregor Mühlberger an.

Zu den Topfavoriten zählen Tour-Dominator Tadej Pogacar aus Slowenien und der belgische Alleskönner Wout van Aert, der in Frankreich eine Bergetappe, einen Massensprint und ein Zeitfahren gewonnen hat. Eine ausgezeichnete Form und viel Selbstvertrauen brachte aber auch Konrad mit nach Japan. Der 29-Jährige avancierte mit seinem Ausreißererfolg auf dem 16. Teilstück zum erst dritten Tour-Etappengewinner aus Österreich.

Strapaze, Jetlag, Klima

Zudem kommt dem auch schon bei schwierigen Eintagesklassikern weit vorne gelandeten Niederösterreicher die Olympiastrecke entgegen. Wie seine Leidensgenossen muss Konrad aber den Tour-Strapazen trotzen, den Jetlag schnellstmöglich ablegen und die geänderten klimatischen Verhältnisse bewältigen. "Der Kurs ist gut für mich, er liegt mir. Ich bin voll motiviert und habe 2019 bewiesen, dass ich eine Woche nach der Tour in super Form sein kann, da bin ich in San Sebastian um den Sieg mitgefahren und Sechster geworden", erklärte der in Eisenstadt lebende Familienvater.

Knackpunkte der Strecke sind der 14 Kilometer lange Anstieg am Fujiyama und der deutlich steilere zum Mikunipass 30 Kilometer vor dem Ziel. "Der Mikunipass ist die Schlüsselstelle, das ist eine Wand. Da wird sich die Spreu vom Weizen trennen", weiß Ex-Profi Thomas Rohregger, der im Auftrag der UCI und des IOC die Strecke mitgeplant hat.

Keineswegs unterschätzen dürfe man aber die Schlussphase auf der welligen Fuji-Motorsportstrecke. Rohregger rechnet damit, dass dort eine kleine Gruppe um den Sieg sprinten wird. Und dazu könnte im Idealfall auch Konrad gehören. "Es ist auch ein Kurs für ihn, finde ich. Eine Bergankunft wäre schwieriger. Er muss aber mit der Gruppe mitkommen, und dann hat er im Sprint super Möglichkeiten. Er ist schnell und hat jetzt auch gutes Selbstvertrauen", erläuterte der mittlerweile als Rechtsanwalt tätige Tiroler, der das Rennen im ORF mitkommentieren wird.

Ausgeruhte Mitfavoriten

Im Gegensatz zu den Tour-Helden treten andere wie das belgische Wunderkind Remco Evenepoel und der Deutsche Maximilian Schachmann gut ausgeruht an. Auch Kletterspezialist Pernsteiner und Mühlberger, die wie Konrad ihr Olympia-Debüt geben, sind nach einer längeren Rennpause frisch. Mühlberger musste im Frühling eine Gehirnhautentzündung überstehen, mittlerweile ist er aber wieder fit. "Es schaut super aus, ich habe mich zur Gänze erholt davon. Ich habe weniger Renn-, aber gute Trainingskilometer", sagte der 27-Jährige. Seine Vorbereitung sei optimal gelaufen, er freue sich riesig auf das Highlight Olympia. Das Ziel sei ganz klar, dass am Ende einer aus dem rot-weiß-roten Trio ganz vorne dabei ist, betonte Mühlberger.

Konrad fühlt sich geehrt, diesmal nominiert worden zu sein. "Man hat nur ein-, zweimal die Chance, dass man bei Olympia fährt. Deshalb bin ich sehr froh, dass das geklappt hat." 2016 sei er unverständlicherweise nicht zum Zug gekommen. "Ich weiß bis heute nicht, warum ich nicht mitgenommen worden bin." Damals waren Georg Preidler und Stefan Denifl aufgestellt worden, die beide später im Zuge der Aderlass-Affäre als Dopingsünder aufflogen.

In Japan dürfen die Topnationen wie Belgien, Frankreich, Spanien und Italien je fünf Fahrer ins Rennen schicken, dementsprechend können sie leichter taktieren. Tour-Sieger Pogacar wird aber trotzdem nur schwer zu schlagen sein. Zumal der 22-Jährige heuer unter anderem auch schon den Eintagesklassiker Lüttich–Bastogne–Lüttich gewonnen hat. Slowenien hat mit dem bei der Tour angeschlagen ausgeschiedenen Primoz Roglic noch ein zweites Ass in der Hinterhand. Titelverteidiger ist der Belgier Greg van Avermaet, der aber zuletzt nicht in Topform war. (APA, 22.7.2021)