Die talentierte Vanessa (Melissa Barrera, li.) arbeitet in einem Schönheitssalon, träumt allerdings davon, Mode zu kreieren.

Foto: Macall Polay

Elegant der Wellengang an jenem Strand, welchen die Bar des sympathischen Usnavi schmückt. Glückliche Kids hören Usnavi zu, der sich an seine Zeit in den USA erinnert, als er Kleinstunternehmer war und davon träumte, nach Hause zurückzukehren – an ebendiesen Strand. Irgendetwas ist jedoch unwirklich an diesem Idyll. Wo ist Usnavi (Anthony Ramos) tatsächlich? Plötzlich jedenfalls in seinem kleinen US-Laden, wo er sich von Regal zu Regal rappt.

Sein Minimarkt liegt mitten in Washington Heights, einem Viertel nördlich von Manhattan, in dem vornehmlich Menschen lateinamerikanischer Herkunft leben. Neben Usnavi, Sohn dominikanischer Einwanderer, ist da sein Cousin Sony (Gregory Diaz IV), der sich – illegal in den USA – mit dem Thema Abschiebung befassen muss.

Gequält von Alltagsrassismus

Besonders zugetan ist Usnavi aber Vanessa (Melissa Barrera): Sie arbeitet in einem Salon, träumt allerdings davon, Modedesignerin zu werden. Nina (Leslie Grace) hat es bereits geschafft: Indem er Teile seines Geschäfts verkauft, ermöglicht Papa Rosario (Jimmy Smits) Nina eine Ausbildung an der Stanford-Uni, wo sie allerdings Alltagsrassismus nachhaltig quält.

Sie alle haben ihre Probleme; und keinesfalls verschweigt Jon M. Chus Musicalfilm In the Heights (Adaption des Musicals von Lin-Manuel Miranda und Quiara Alegria Hudes) die gesellschaftspolitischen Aspekte dieser migrantischen Community.

Der Film ist aber natürlich eine pulsierende Jukebox der Stile, in der das Heikle auch weggetanzt werden muss. Da mutiert ein Kanaldeckel zum Scratch-Plattenspieler. Da wird Straßentanz zu einer Art kollektiven Demonstration von Selbstbehauptung mittels Hip-Hop, Salsa, Son Cubano oder Merengue aus der Dominikanischen Republik.

Nicht kitschig, aber unwirklich

Vor den Choreografien sind denn auch weder Feuerleitern noch Schwimmbäder sicher. Und wenn ein Stromausfall zum Chaos führt, kuscheln sich alle tanzend zusammen im Sinne des sozialen Zusammenhalts. Bemerkenswert ist jedoch, wie es der Inszenierung gelingt, kitschige Rollenstereotype dann doch zu umschiffen. Gleißender Tanzrausch und intime Problemszenen entfalten ihre Wirkung, ohne einander zu beschädigen. Sensibel die Darstellung der Identitätssuche und des kleinen Traums, den sie alle in sich tragen.

Für den rappenden Erzähler Usnavi hat er sich verwirklicht – mit Vanessa, die sich auch ihren Modewunsch erfüllt. Aber, wie gesagt: Irgendetwas ist unwirklich an der Strandbar, in der Usnavi sitzt und diese Geschichte erzählt. (Ljubiša Tošic, 23.7.2021)