Bild nicht mehr verfügbar.

Für Facebook-CEO Mark Zuckerberg sind die 500 Euro Schadenersatz bloß Peanuts.

Foto: AP/Mark Lennihan

Am Dienstag wurde ein neuer Meilenstein im Rechtsstreit zwischen Facebook und dem österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems bekannt: Nun soll der EuGH entscheiden, ob Facebook seit 2018 gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstößt. Ein scheinbares Randereignis dieser Causa ist, dass Schrems vom Obersten Gerichtshof (OGH) ein symbolischer Schadenersatz in Höhe von 500 Euro zugesprochen wurde, weil Facebook bei der Auskunft über gespeicherte Daten nachlässig war. Gewiss, für einen Konzern mit einer Marktkapitalisierung von 834 Milliarden Euro handelt es sich um Peanuts – für Privatpersonen stellt sich aber die Frage: Sollte man dem Prozess nacheifern und sich somit die Urlaubskasse ein wenig aufbessern?

Die Antwort auf die Frage lautet vereinfacht: Ja, möglich ist das durchaus, denn nun gibt es einen Präzedenzfall. Aber es ist ein wenig kompliziert.

Schadenersatz für Schrems: Was bisher geschah

Max Schrems hatte bei Facebook auf Basis von Artikel 15 der DSGVO um eine Bekanntgabe dazu gebeten, welche Daten das Unternehmen über ihn gespeichert hat. Diese Daten wurden nach Einschätzung des OGH nicht in vollständiger und akzeptabler Form übermittelt, sondern als PDF-Dateien in einem Umfang von weit über 1.000 Seiten. Zudem waren die Daten nicht vollständig: Es handelte sich nur um jene, die nach Ansicht des Unternehmens "relevant" waren.

Darüber hinaus verwies Facebook auf "Auskunft- und Downloadtools", über die Schrems den restlichen Informationsbestand selbst abrufen könne. Das wiederum hätte erfordert, dass Schrems "mindestens 60 Datenkategorien mit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Datenpunkten" hätte suchen müssen. Das sei zu einer – Zitat – "Ostereisuche" geworden. Recht bekam Schrems laut Auskunft der von ihm gegründeten Datenschutz-NGO Noyb unter anderem, weil er zu einem bestimmten Punkt betonte, "massively annoyed" ("extrem genervt") zu sein. Es lag also ein immaterieller Schaden – die Genervtheit – vor, der zum Schadenersatz führte.

Präzedenzfall: Österreicher können klagen

Nun heißt es von Noyb auf Anfrage des STANDARD, dass theoretisch jeder in Österreich lebende Facebook-User eine entsprechende Klage beim Landesgericht einbringen kann, wenn er oder sie auf ein Auskunftsbegehren auf Basis des Artikels 15 DSGVO keine oder nur eine unzufriedenstellende Antwort erhalten hat. Die Causa Schrems gilt dabei als Präzedenzfall, die Gerichte kennen die Thematik also bereits.

Voraussetzung ist dabei, dass zuvor das besagte Auskunftsbegehren über die Speicherung und Nutzung der persönlichen Daten gestellt wird, das dann eventuell unzufriedenstellend beantwortet wird. Ebenfalls ist Voraussetzung, dass auch andere von Facebook bereitgestellte Tools zum Einsehen der Daten kein zufriedenstellendes Ergebnis bringen. In einem solchen Fall würde man zuerst versuchen, sich außergerichtlich auf einen Schadenersatz aufgrund eines potenziellen immateriellen Schadens zu einigen, bevor man den Weg zum Gericht beschreitet, heißt es seitens von Noyb.

Teure Anwaltspflicht

Die eingebrachte Klage beim relevanten Landesgericht würde dann auf Auskunft und Schadenersatz lauten. Die Krux bei der Sache ist aber: Beim Landesgericht herrscht Anwaltspflicht – und kein Anwalt vertritt einen solchen Fall für den Anwaltstarif. Der Kläger müsste also im Zweifelsfall draufzahlen, damit er an seine angestrebten 500 Euro kommt.

Und schließlich kann Facebook beim OLG ein Rechtsmittel einbringen, was zwar nach der Klärung durch den OGH nur eine Verzögerung wäre – aber eben den Prozess noch weiter in die Länge ziehen würde. Letztlich könnte der Prozess also über zwei Instanzen gehen und mindestens ein Jahr dauern, die Kosten sind im Zweifelsfall höher als der angestrebte Schadenersatz – wobei seitens von Noyb betont wird, dass es sich bei den besagten 500 Euro um einen "symbolischen Betrag" handelte, der nach rund zehn Jahren Ärgernis zustande kam. In anderen Fällen könnte der Schadenersatz höher oder auch niedriger ausfallen.

Andere Zeiten

Doch auch ein anderes Argument spricht dagegen, Facebook rein zum Spaß auf Schadenersatz zu klagen: Der Erfolg einer solchen Klage ist nicht in Stein gemeißelt. Denn bei Facebook weist man auf Anfrage des STANDARD darauf hin, dass nun andere Möglichkeiten zur Einsicht der Daten bestehen als noch vor ein paar Jahren.

So bietet Facebook einem Sprecher des Unternehmens zufolge eine Anleitung zum Einsehen und Herunterladen der eigenen Informationen. Auf dem Desktop-PC ist es zudem möglich, die Daten direkt einzusehen – darunter übrigens auch, welche externen Dienste mit dem Facebook-Konto verknüpft sind. Und schließlich informiert das Unternehmen in unregelmäßigen Abständen, wenn es Neuigkeiten in puncto Privatsphäre gibt.

Fazit: Ja, eine Schadenersatzklage ist wirklich für jedermann möglich, allerdings ist sie teuer, zeitaufwendig und ohne Erfolgsgarantie. Ratsamer ist es daher, ohnehin vorsichtiger mit den eigenen Daten umzugehen und nichts auf Social Networks zu posten, das man nicht auch auf dem schwarzen Brett in der Firma veröffentlichen würde. (Stefan Mey, 23.7.2021)