So plötzlich, so unaufhaltsam und so brutal, wie vergangene Woche die Flutwelle durch das Ahrtal gerauscht ist, so schmerzhaft werden die Deutschen in den Tagen danach von der Erkenntnis getroffen, dass ihr Staat in Zeiten der Krise doch nicht so reibungslos und verlässlich arbeitet, wie es das Klischee verheißt. Tatsächlich lassen die Berichte aus der sonst so beschaulichen Eifel eher an entfernte Krisengebiete denken als an ein Hightechland in der Mitte Europas.

Nach der Flutkatastrophe ist das Vertrauen der Deutschen in das System erschüttert.
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Denn es ist auch ein handfestes Systemversagen, das zu dem massenhaften Sterben im Westen Deutschlands beigetragen hat: Warnungen, die in den Wind geschlagen wurden, Alarmsysteme, die nicht anspringen, Helferinnen und Helfer, die mangels Koordination zum Zuschauen verdammt sind. Vorsprung durch Technik, so scheint es, das war einmal.

Die eigentliche Mammutaufgabe aber kommt auf die politisch Verantwortlichen zu, wenn alle Trümmer der vergangenen Katastrophe beseitigt sind: Wer auch immer nach der Bundestagswahl im Herbst regiert, muss das Vertrauen der Deutschen in die Krisenfestigkeit ihres Staates wiederherstellen. Jetzt, wo die Vorboten der Klimakatastrophe Mitteleuropa erreichen, wäre dafür ein guter Zeitpunkt.

Nutzt Unionskandidat Armin Laschet, laut Umfragen wahrscheinlich Deutschlands nächster Kanzler, nun die Gunst der Stunde, um doch noch auf eine konsequente Klimapolitik umzuschwenken, wäre sein unglückliches Lachen im Krisengebiet bald vergessen. Doch bisher stehen die Zeichen eher auf Weiterwursteln – bis zum nächsten Systemversagen. (Florian Niederndorfer, 23.7.2021)