Auch der Ort Xinxiang in der Nähe von Zhengzhou war völlig überflutet.

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Die Stimmung gegen ausländische Journalisten in China war noch nie besonders gut. Korrespondenten werden oft halb im Scherz, halb ernst gemeint als Spione bezeichnet. In der durch Xi Jinpings Propaganda nationalistisch aufgeheizten Stimmung aber kommt es immer wieder zu Eskalationen. Am Samstag wurde der deutsche Reporter Mathias Boelinger in Zhengzhou, Hauptstadt der Provinz Henan angegriffen. Vier Frauen in Zivil verlangten von ihm, sich auzuweisen und begannen ihn zu filmen. Als der Korrespondent der Deutschen Welle die Szenerie verlassen wollte, versuchten sie ihn daran zu hindern.

Später stellte sich heraus, dass Boelinger fälschlicherweise für den BBC-Reporter Robin Brant gehalten wurde, der in nationalistischen Zirkeln Chinas eine Hassfigur ist. Brant hatte zuvor berichtet, dass Menschen ohne Aussicht auf Rettung in einem U-Bahn-Tunnel gefangen waren, und damit zahlreiche chinesische Netizens erzürnt. Tatsächlich werden viele Bewohner dazu angehalten, nicht mit ausländischen Medien zu sprechen.

Auch die Al-Jazeera-Reporterin Katrina Yu und der Schweizer Korrespondent Martin Aldrovandi berichten von ähnlichen Vorfällen: "Viele Betroffene gaben freimütig Auskunft, bis jeweils die Behörden auftauchten und die Interviews rasch beendeten. Auch hier zeigt sich das steigende Misstrauen gegenüber ausländischen Medien", schrieb letzter auf Twitter.

Vergangene Woche war es zu schweren Überschwemmungen in der Provinz gekommen. Regenfälle hatten die Straßen in Flüsse verwandelt, und das U-Bahn-System überflutet. Mehrere Menschen waren stundenlang in einer U-Bahn gefangen, und standen dort bis zum Hals im Wasser. Kritik wurde auch an der Architektur der Städte laut, die solche Überflutungen erst ermöglichen. China hat in den vergangenen 30 Jahren einen gewaltigen Urbanisierungsschub erfahren, innerhalb weniger Jahre vervielfachten sich die Einwohnerzahlen vieler Städte. In der Folge wurden viele Gebäude schnell und billig errichtet.

Mindestens 63 Tote in Henan

Die Regenfälle in Zhengzhou sind laut Behördenangaben die stärksten seit 60 Jahren. Angeblich fiel in drei Tagen so viel Regen wie sonst in einem Jahr. Über eine Millionen Menschen musst evakuiert werden, mindestens 63 kamen dabei ums Leben. In der chinesischen Presse fanden die Überschwemmungen nur wenig Beachtung. Dort ging es vor allem um den Besuch Xi Jinpings in der Autonomen Region Tibet.

Zur Flut-Katastrophe in China kommt nun auch noch ein Taifun. Am Sonntag hatte sich der Tropensturm In-fa der Metropole Shanghai genähert. Sämtliche Inlandsflüge wurden gestrichen, Zugverbindungen und U-Bahn-Fahrten reduziert. In Ostchina kommt es im Spätsommer und Herbst immer wieder zu Taifunen. (Philipp Mattheis, 25.7.2021)