Damit hätten wohl die wenigsten gerechnet. In Sachen CO2-Preis in Deutschland standen fast alle Zeichen auf eine 50-50-Aufteilung zwischen Mieter und Vermieter. Aber jetzt steht fest: Die Zusatzkosten auf das Heizen mit Öl und Gas müssen Mieter allein tragen.

Zur Erinnerung: Seit dem 1. Jänner gilt in Deutschland ein CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid, und das in den Bereichen Gebäude und Verkehr. Damit wurde national eine Lücke geschlossen, die das europäische Handelssystem für Emissionen bisher nicht gefüllt hat. Der Preis erhöht sich dann schrittweise.

In Deutschland müssen Mieter den CO2-Preis allein zahlen. Wie wird es in Österreich sein?
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Wichtig dabei: Zwar wird der Preis nicht direkt vom Endverbraucher bezahlt, sondern von den sogenannten Inverkehrbringern, also Ölunternehmen oder Gaslieferanten. Die Kosten würden aber eins zu eins an den Kunden weitergereicht, vermutete man Anfang des Jahres. Dieses System soll auch in Österreich im ersten Quartal 2022 mit wahrscheinlich ähnlichen Zahlen und Kosten aufschlagen.

Die Debatte darum, wer am Ende des Tages nun die Kosten übernimmt, schien lange Zeit nur noch eine Formsache zu sein. Es stand beinahe schon fest, dass sich Mieter und Vermieter die Kosten 50-50 teilen. Dann die Bombe: Die Kosten gehen zu hundert Prozent an den Mieter. Die Union aus CDU und CSU wollte mit der Aufteilung nicht mehr mitgehen.

"Nicht die Verursacher"

"Eine Teilung der CO2-Mehrkosten zwischen Mieter und Vermieter wäre kontraproduktiv, da mit dem CO2-Preis eine Verhaltenslenkung erzielt werden soll", sagte Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei gegenüber der deutschen Nachrichtenagentur dpa. Vermieter seien schließlich nicht die Verursacher von Heizkosten.

Der Aufschrei in der Opposition und bei Mieterverbänden ließ nicht lange auf sich warten. Von einem "drohenden Preisschock" war dort die Rede, andere warfen der Union "soziale Kälte" vor. Der Deutsche Mieterbund sprach von einem "Schlag ins Gesicht".

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet irritierte dann erneut, als er im ARD-Sommerinterview sagte: "Die jetzige Lösung, dass der Vermieter gar nichts leistet, wird keinen Bestand haben. In der Kürze war nur keine andere Lösung denkbar."

Arbeiterkammer: "Ungerechte" Lösung

Diese Debatte, die in Deutschland nun ein schlechtes Ende für die Mieter genommen hat, steht in Österreich noch bevor. Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte bei der Arbeiterkammer Wien, findet die Lösung in Deutschland "ungerecht". Vor allem das Stichwort Verhaltenslenkung sei falsch. "Als Mieter ist man ja seinem Vermieter, was die Art der Heizung angeht, ausgeliefert. Wenn man wenigstens gegen den Willen des Vermieters eine Photovoltaikanlage einbauen lassen könnte, um etwas dagegen zu tun, dann wäre das ja noch vertretbar. Aber auch das geht nicht", sagt Rosifka dem STANDARD.

Anders sieht das Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbunds (ÖHGB). Allein der Gedanke, dass sich Vermieter an den Kosten einer künftigen CO2-Abgabe auf Heizöl oder Erdgas beteiligen sollten, sei für ihn "absurd". "Das hätte weder einen Lenkungseffekt, noch ließe sich durch eine solche Maßnahme eine Energiewende herbeiführen. Der Vermieter ist in diesem Fall der falsche Adressat", betont Prunbauer. "Der Verbraucher, also der Mieter und nicht der Vermieter, hat es in der Hand, wieviel Energie verbraucht wird."

Experten sagten bereits in der Vergangenheit, dass die Umwälzung der kompletten Kosten auf den Mieter kritisch sei. Denn dann würde der Investitionsreiz, einer der Hauptgründe für den CO2-Preis, in keiner Weise greifen. Oder wie es auf der Internetseite des deutschen Bundesumweltministeriums heißt: "Es braucht eine Anreizwirkung auf beiden Seiten: Für Mietende zu energieeffizientem Verhalten und für Vermietende zu Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme beziehungsweise bauliche Energieeffizienzverbesserungen (energetische Sanierung der Hülle und internen Wärmeverteilung)."

Viele Heizsysteme müssen getauscht werden

Und Investitionsreize bräuchte es dringend. Laut Berechnungen der Österreichischen Energieagentur gibt es in Österreich fast vier Millionen Heizungen in Hauptwohnsitzen. Rund 13 Prozent laufen mit Heizöl oder Flüssiggas, weitere 23 Prozent mit Erdgas.

Gleichzeitig würde der Preis bei den Mietern am falschen Ende greifen: "Soll ich mich als Mieter jetzt in Zukunft fragen, ob ich mein Kind nur noch in kaltem Wasser baden darf, damit der Preis niedriger bleibt?", fragt sich Rosifka und nennt das Ende der Debatte in Deutschland "zynisch".

Des Weiteren sieht Rosifka ein Problem in den künftigen Verträgen mit Contractoren. "Wer Wärme mit einem Profitgedanken weitergibt, der sollte diese Abgabe als Unternehmen selbst übernehmen müssen." Wichtig sei außerdem, dies alles in dem Gesetz zu regeln, das den Preis einführt, "weil in den unterschiedlichen Wohn- und Mietrechtsmaterien ist das nicht zu schaffen." Da kommt noch viel Arbeit auf Österreich zu. (Thorben Pollerhof, 2.8.2021)