Nehammer galt als jemand, mit dem man gelegentlich vernünftig reden kann.

Foto: imago images/SEPA.Media

Das Schöne an den Türkisen ist, dass sich ihre Inszenierungen inzwischen präzise vorhersagen lassen. Die Wohlfühlrhetorik des Bundeskanzlers bezüglich Corona ("wir können wieder feiern …") hört sich etwas daneben an? Die Chats der türkisen Bussi-Bussi-Partie führen auch bei bürgerlichen Wählern zu Kopfschütteln? Die persönlichen Vertrauenswerte des Kanzlers haben nachgelassen? Da muss ein anderes Thema her! Haben wir! Migration!

Samstagabend in der ZiB 1: Innenminister Karl Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner inszenieren sich vor dem Hintergrund von "Puma"- und Bundesheer-Uniformierten. Es kommen schon wieder so viele Migranten über die Grenze, da werden 400 zusätzliche Grundwehrdiener auf Grenzwacht geschickt. Nehammer packt das beliebte EU-Bashing aus: "Österreich wehrt sich, weil uns die EU im Stich lässt." Vorher hatte er aber auf eine Interviewfrage, welche Konsequenzen er aus dem Fall "Leonie" ziehe, geantwortet, die Asylpolitik der EU sei gescheitert, also irgendwie schuld – also nicht die Verantwortungsabschiebung zwischen Asylamt (Innenministerium) und Verwaltungsgericht (Justiz) bei der Nicht-Abschiebung der vorbestraften jungen Afghanen.

Das ist erbarmungswürdig. Nehammer galt als jemand, mit dem man gelegentlich vernünftig reden kann. Aber er lässt sich offenbar nur als eine Figur einer Inszenierung einsetzen. (Hans Rauscher, 26.7.2021)