Fordert eine geheime Abstimmung bei der Wahl des neuen ORF-Generaldirektors: FPÖ-Chef Herbert Kickl.

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Wien – FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl fordert eine geheime Wahl des neuen ORF-Generaldirektors im ORF-Stiftungsrat am 10. August. Das würde allerdings eine Änderung des ORF-Gesetzes erfordern, die bis 10. August doch eher schwierig wird.

"Es ist ein grundlegender demokratischer Standard, dass wichtige Funktionen geheim gewählt werden", begründete er seinen Vorstoß und weiter: "Das ist in jedem kleinen Verein so üblich. Daher muss es erst recht für das größte und einflussreichste Medienunternehmen des Landes gelten."

Angesichts der politischen Besetzung des Stiftungsrats sei es kein Wunder, "dass überhaupt nur parteipolitisch klar zuordenbare Kandidaten antreten", meinte Kickl. Mit einer geheimen Wahl könnte man den "Klubzwang" in den sogenannten Freundeskreisen aushebeln und den Stiftungsräten ermöglichen, die Kandidaten nach ihren Fähigkeiten und nicht nach ihren politischen Unterstützern zu beurteilen.

"Zahl qualifizierter Bewerber könnte steigen"

"Wenn es eine geheime Wahl gibt, steigen vielleicht auch tatsächlich unabhängige Kandidaten in den Ring, die in einer offenen politischen Abstimmung keine Chance hätten", glaubt der FPÖ-Chef außerdem und: "Ich denke, dass unter diesen Umständen die Zahl der qualifizierten Bewerber steigen könnte."

Von ÖVP-FPÖ-Regierung 2001 gesetzlich als offene Abstimmung festgelegt

Die Wahl des ORF-Generaldirektors fand bis 2001 in geheimer Abstimmung statt. Mit einer Novelle des ORF-Gesetzes im Jahr 2001 zu Zeiten der Regierung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Vizekanzlerin Susanne Riess (FPÖ) wurde eine offene Abstimmung im ORF-Gesetz festgelegt. Für eine geheime Wahl wäre eine Gesetzesänderung notwendig.

Grüne Blimlinger verwundert

Die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, reagierte verwundert auf den Vorstoß Kickls: "Es nimmt doch etwas wunder, dass nun vonseiten der Opposition eine geheime Wahl der Generaldirektorin oder des Generaldirektors im ORF gefordert wird, wo doch sonst immer die Opposition die Unabhängigkeit des ORF fordert, aber hier will man nun dem Stiftungsrat sagen wie und was." Selbstverständlich gelte eine offene Abstimmung, solange dies gesetzlich so geregelt ist. Als "Denkanstoß" in Richtung einer Novellierung des ORF-Gesetzes erachtet sie, dass in vielen Gremien und Organen es Praxis sei, geheim abzustimmen, wenn das eine Person wünscht.

SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried sieht in einer geheimen Wahl "eine Option, über die man bei einer Reform der ORF-Gremien auf jeden Fall diskutieren sollte." Als Vorteil erachtet er, dass im Zug einer geheimen Wahl weniger Druck und Einfluss auf die einzelnen Stiftungsräte aufgebaut werden könne. "Das würde die Unabhängigkeit unterstützen und somit eine Orbanisierung des ORF durch eine einzige Partei erschweren", meinte er.

Lederer will freiwillige geheime Wahl

Eine geheime Abstimmung ebenfalls als notwendig erachtet Heinz Lederer, SPÖ-"Freundeskreisleiter" im Stiftungsrat, Er will sich mit den anderen "Freundeskreisen" auf eine freiwillige geheime Abstimmung verständigen. Sollte das keine Mehrheit finden oder aus gesetzlichen Gründen nicht möglich sein, schlägt er eine geheime Probeabstimmung vor der regulären Abstimmung vor. Damit würde man ein Zeichen dafür setzen, dass der Gesetzgeber diesen "Anachronismus" mit der nächsten ORF-Gesetzesnovelle herausnimmt, meinte Lederer.

Der SPÖ-"Freundeskreisleiter" plädierte zudem dafür, die von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz angepeilte öffentliche Präsentation der Bewerber und Bewerberinnen nicht am Vorabend der Wahl abzuhalten. Mindestens drei Tage vorher oder besser noch in der Woche davor müsse eine derartige Präsentation stattfinden, meinte Lederer. Vonseiten des ORF hieß es, dass es noch keinen fixen Termin gebe.

"Wäre richtiger Weg"

"Gut, dass die FPÖ nun eine Änderung fordert, die sie 2001 selbst herbeigeführt hatte, als sie – gemeinsam mit der ÖVP – die geheime Wahl abgeschafft hat. Eine geheime Wahl wäre für mich der richtige Weg, weil der Stiftungsrat bedauerlicherweise ganz klar parteipolitisch besetzt ist und die meisten Mitglieder leider unangenehme Konsequenzen fürchten müssen, wenn sie von der Parteilinie abweichen", reagierte Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter auf den Vorstoß Kickls. Den Neos ginge eine Änderung des Wahlprozederes aber nicht weit genug, wollen sie doch eine Hauptversammlung anstelle des Stiftungsrats, die sich aus gelosten Personen aus der Bevölkerung, Institutionen der Zivilgesellschaft und nur mehr einer Person pro Parlamentsklub zusammensetzt. (APA, red, 27.7.2021)