Der Verzicht auf den Benzinschlucker ist eine von vielen Methoden, den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren.

Foto: imago images/Christian Ohde

Sie wachsen so dicht wie Unkraut aus dem virtuellen Boden – die CO2-Fußabdruck-Onlinerechner. Das hat einen Grund, schließlich steigt das Interesse der Menschen, nachdem das Klima in den letzten Jahren zunehmend verrücktspielt. Die Folgen unseres Lebensstils haben uns eingeholt, und da stellt sich verstärkt die Frage: Kann ich selbst etwas dagegen tun?

Ursachenforschung

Seit 1970 übersteigt der jährliche Verbrauch die global zur Verfügung stehenden Ressourcen. Damals noch mit einem Wert von 1,01 angegeben – die Zahl eins würde für ein Nullsummenspiel stehen –, lag das Verhältnis zwischen Verbrauch und verfügbaren Ressourcen 2020 bei einem Wert von 1,56. Umgerechnet bräuchte es also 1,56 Erden, um unsere derzeitige Ausbeutung nachhaltig zu ermöglichen. Tendenz steigend.

Bekanntermaßen haben wir aber nur diese eine Erde, weshalb am 29. Juli dieses Jahres der Earth Overshoot Day stattfindet. Dieser Erdüberlastungstag soll zeigen, dass ab jetzt Raubbau an unserem Planeten betrieben wird und er nicht mehr die Ressourcen zur Verfügung stellen kann, die wir verbrauchen.

Im Mittelpunkt der Diskussionen steht dabei meist der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Das wichtigste Treibhausgas entsteht etwa bei der Verbrennung von Erdöl, Diesel oder Kohle, aber auch in der Landwirtschaft ist CO2 aufgrund industrieller Tierzucht ein großes Thema. Durch Treibhausgase entsteht der Treibhauseffekt, der verhindert, dass die Erde eine Eisplatte ist. Durch den wachsenden Konsum, unsere wenig nachhaltige Lebensweise und vieles mehr entsteht jedoch ein verstärkter Treibhauseffekt, der uns die heute allgegenwärtige Klimaerwärmung beschert.

Rechenleistung

Aber welchen CO2-Wert verursacht man selbst? Wie könnte man den eigenen CO2-Fußabdruck vermindern? Welche sind die größten eigenen Klimasünden? Zahlreiche Rechner im Netz bieten Antworten auf diese Fragen. Die Basis bildet immer ein von der Website bereit gestelltes Fragengerüst, das sich mit Themen wie Mobilität, Ernährung und Haushalt beschäftigt. Je nach Antworten wird ein CO2-Wert festgelegt, den man mit dieser Lebensweise generiert. Die Summe wird dann als CO2-Fußabdruck angegeben.

Die meisten Rechner bieten Unterkategorien an, damit man auch den Fußabdruck in den einzelnen Bereichen dargestellt bekommt. Auch der Vergleich mit dem Durchschnittsbürger wird gezogen, damit man seinen Wert in Relation stellen kann. Der STANDARD stellt nachfolgend ausgewählte Rechner dieser Art vor.

Climate Hero

Am Ende des Fragenkatalogs wartet eine Selbsteinschätzung.
Foto: Climate Hero

Bei der populären Website leitet der Roboter ClimateBot durch den Prozess. Nach Angabe von Name und Geschlecht geht es um die wichtigen Fragen. Die Größe der Wohnung, die Art der eigenen vier Wände, Baujahr des Gebäudes. Die Art der Heizung, die Frage nach einer Klimaanlage, möglichen Solarzellen, den Mitbewohnern und ob stromsparende Geräte verwendet werden. Auch ein Zweitwohnsitz wird abgefragt. Im zweiten Teil geht es um Mobilität. Die wenigen Flüge der letzten Jahre kommen dem Fußabdruck entgegen. Dann die Frage nach dem Auto, dem dazu passenden Treibstoff, den gefahrenen Kilometern und das Baujahr. Auch die Nutzung von Carsharing wird abgefragt, etwaige Taxifahrten und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Selbst der mögliche Besitz eines Motorboots wird nicht vergessen. Im letzten Abschnitt geht es um das Konsumverhalten, auch was Nahrungsmittel betrifft. Welches Fleisch wird in welchen Mengen gekauft? Welche Rolle spielen lokale Produkte? Es macht offensichtlich auch einen Unterschied, ob man recycled, spendet oder alles neu kauft.

Ergebnis: Unser Ergebnis bei diesem Rechner war mit dem Wort "Klimatrickser" tituliert, mit einem Verbrauch von 6,4 Tonnen pro Jahr. Danach kann man sich anzeigen lassen, bei welchen Fragen man ökologisch verantwortungsvoll geantwortet hat und bei welchen man sich als Umweltsünder geoutet hat. Als Conclusio wird angezeigt, dass am besten der Stromvertrag geändert, das Auto verkauft und weniger Sachen gekauft werden sollen.

Mein Fußabdruck

Foto: Bundesministerium Klimaschutz

Vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird ebenfalls ein CO2-Rechner angeboten. Auch hier findet sich eine Unterteilung in verschiedene Bereiche, die ähnliche Fragen bereitstellen wie andere Services. Etwas fummelig fühlen sich die Schieberegler an, mit denen man etwa die Quadratmeter der eigenen Wohnung angeben muss. Auch bei der Heizungsart wäre ein Multiple-Choice-System schneller, als wenn man seine Art der Heizung erst durch die Schiebebewegung suchen muss.

Gut sind gezielte Fragen nach Stromverbrauch oder Energiekennzahl der Wohnung. Diese werden aber wohl nur ambitionierte Nutzer des Services wissen oder aus ihrer Haushaltsmappe heraussuchen. Ein Vorteil gegenüber anderen Services: Man kann bei den Fragen auch zu älteren Seiten zurückspringen. Wie für eine österreichische Plattform sinnvoll, wird auch nach den drei häufigsten Getränken gefragt.

Auch spätere Fragen gehen sehr ins Detail, etwa wie viele Stunden man im Schnitt auf innerstädtischen Bus- und Bahnstrecken verbringt. Man muss sich schon Zeit nehmen. Die Frage nach Yacht oder Privatjet hat sich wohl der Praktikant überlegt. Dafür lässt der Service ein wenig hinter die Kulissen blicken. So basiert die Umsetzung des Konzepts auf der Methodik des Global Footprint Networks, falls man sich dazu einlesen möchte.

Ergebnis: Das deprimierende Ergebnis zeigt, dass der angegebene Verbrauch von 6,33 gha (globaler Hektar), umgerechnet auf alle Erdenbewohner, 3,72 Planeten benötigen würde. Der Durchschnittsösterreicher braucht laut Plattform 5,31.

WWF

Praktisch: Die Antwort wird gleich in CO2-Tonnen umgerechnet.
Foto: WWF

Der Rechner des WWF punktet unter anderem mit dem Feature, dass man bei jeder Antwort den direkten Einfluss auf den eigenen CO2-Wert sieht. Auch die Informationen nach jedem Themenblock sind hilfreich. So wird im Bereich Ernährung aufgeklärt, welche Nahrungsmittel besonders belastend für die Umwelt sind und wie man das eigene Verhalten anpassen sollte.

Beim Flugverhalten wurde der Fragenkatalog an die Pandemie angepasst. Er fragt etwa nicht nach dem aktuellen Reiseverhalten, sondern will einen Schnitt der letzten fünf Jahre wissen. Klickt man sich ein wenig durch die Antwortmöglichkeiten, sieht man schön, wo man tatsächlich viel für die Umwelt tun kann. Keine Kreuzfahrten wären ein Anfang, oder auch ein Niedrigenergiehaus. Dazwischen klären weitere Informationskästen über Fakten auf, beispielsweise fallen laut WWF 75 Prozent des Energieverbrauchs eines durchschnittlichen Haushalts auf die Heizung. Dann wird noch sehr detailliert das eigene Konsumverhalten abgefragt.

Ergebnis: Mit 9,55 Tonnen pro Jahr verbraucht man hier offenbar weit mehr als bei den anderen Anbietern. Vielleicht liegt das an den gezielteren Fragen oder dem größeren Umfang. Auch hier geht sich die Rechnung mit nur einer Erde nicht aus, denn es bräuchte bei anhaltendem Verhalten 2,29 Erden, um der Erderwärmung entgegenzuwirken. Am Ende erzählt der Service, wie man sich künftig verhalten soll. Weniger fliegen, energetische Sanierung des Wohnhauses vorantreiben und das Auto gegen ein elektrisches tauschen.

Fazit

Der bereits formulierte Klima-Zielpfadrechner – ein anderer Rechner ähnlichen Inhalts für Österreich im Jahr 2050 – zeigt, dass sich etwas bewegen muss, auch bei jedem Einzelnen. Die Schwankungen bei den verschiedenen Rechnern machen jedoch deutlich, dass es sehr darauf ankommt, welche Angaben in welchem Detailgrad abgefragt werden. Was man als Learning in jedem Fall mitnehmen kann, ist, dass das eigene Bewusstsein für die einzelnen Teilbereiche geschärft wird. Kann man etwas weniger Gemüse aus Südamerika essen? Muss wirklich jeden Sommer ein Langstreckenflug gebucht werden?

Die Rechnung, wir bräuchten mehr als eine Erde, geht leider nicht auf.
Foto: WWF

Wenn durch das Nutzen des Rechners diese Gedanken angestoßen werden, dann ist es am Ende des Tages egal, welchen man davon benutzt. Wir haben nämlich tatsächlich nicht 2,29 Erden zur Verfügung. (aam, 27.7.2021)