Die öffentliche Hand muss Vorbild für Klimaneutralität sein. So steht es zumindest im Regierungsprogramm. Eine Leitlinie dazu ist der vor wenigen Wochen präsentierte Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung. Demnach sollen beispielsweise ab 2022 neu angeschaffte Nutzfahrzeuge der öffentlichen Hand ohne Verbrennungsmotoren auskommen. Richtlinien gibt es auch für nachhaltige Energie und die Verpflegung.

Der Weg zur Netto-Null ist für die Regierung allerdings noch weit, wie eine Reihe von parlamentarischen Anfragebeantwortungen zeigt. Zwar bekennen sich die Ministerinnen und Minister generell zur Treibhausgasreduktion, an vielen Orten fehlen aber konkrete Zahlen und Daten. So ist in beinahe allen Ressorts nicht klar, wie viel Emissionen überhaupt anfallen. Insgesamt zeigt sich die Regierung in ihren Antworten eher schweigsam. Bei der Umsetzung mancher Klimapläne hapert es.

Warten auf Genehmigung

Am Hauptgebäude des Wissenschaftsministeriums etwa ist die Installation einer Photovoltaikanlage geplant. Bis zu 20 Tonnen an Treibhausgasen sollen durch sie eingespart werden. Gebaut wurde sie bisher nicht. Es seien sowohl Aspekte im Sinne des Denkmalschutzes zu klären, heißt es in der Beantwortung, wie auch die "ökonomische und ökologische Rentabilität". Der Bau einer weiteren Solaranlage ist auch vom Wirtschaftsministerium geplant – konkret auf dem Dach der Orangerie im Tierpark Schönbrunn. Auch dieses Projekt wurde bisher nicht umgesetzt – die Baubewilligung ist noch ausständig.

Mit dem Bus – wie zu dieser Klausur im Vorjahr – reisen die Regierungsmitglieder eher selten. Die Ministerinnen und Minister selbst sind zum Großteil mit Plug-in-Hybrid-Autos unterwegs.
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Auch sonst sind es eher kleinere Schritte, die zuletzt gesetzt wurden: In den Antworten finden sich nur einige wenige Punkte zur thermischen Sanierung – etwa der Gebäude des Landwirtschaftsministeriums. Im Gesundheitsressort wurden Außenjalousien installiert, im Finanzministerium stellte man Leuchtmittel auf LED um, und im Klimaschutzressort wurden neue Fahrradplätze installiert. Insgesamt fallen die Antworten, die sich auf den Zeitraum von November 2020 bis heute beziehen, knapp aus.

Wortkarger Kanzler

Besonders wortkarg ist die Rückmeldung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Das Kanzleramt verfolge "selbstverständlich" Maßnahmen zur CO₂-Reduktion, heißt es darin. Kurz beantwortete jedoch nur wenige der Fragen und verwies auf eine Anfrage aus dem Vorjahr – die dem aktuellen Stand entspreche. Aus dieser geht hervor, dass der Fuhrpark des Kanzleramts über ein Elektrofahrzeug verfügt und man nach Möglichkeit auf Plastik verzichte. Darüber hinaus wurden LED-Leuchtmittel und Bewegungsmelder installiert, die Serverraumkühlung modernisiert. Berechnungen zu einem CO₂-Einsparungspotenzial in seinem Ressort lägen nicht vor.

Kritik an den mageren Auskünften kommt von der SPÖ, die die Anfragen eingebracht hat. Die Ministerien würden bei ihrer Vorbildrolle säumig bleiben und "im Blindflug" unterwegs sein, kritisierte die rote Klimasprecherin Julia Herr. "Insbesondere die ÖVP-geführten Ministerien, allen voran das Bundeskanzleramt, zeigen mit ihren dürftigen Anfragebeantwortungen, dass die ÖVP weiterhin kein Interesse an effektivem Klimaschutz hat."

Wenige E-Autos

Der Fuhrpark der Regierung ist jedenfalls noch nicht auf Nachhaltigkeit programmiert: Von den rund 14.000 Autos, die den Ministerien und ihren nachgeordneten Dienststellen zur Verfügung stehen, haben nur knapp über 40 einen reinen E-Antrieb. Die hohe Zahl der Wagen kommt in erster Linie durch Innen- und Verteidigungsministerium zustande. Die Minister selbst sind großteils mit Plug-in-Hybrid-Pkws unterwegs.

Weitere und auch nicht so weite Reisen bestreiten die Minister und ihre Mitarbeiter zudem häufig im Flieger, wie Anfragebeantwortungen aus dem März zeigen: 2020 gaben die Ressorts insgesamt rund 1,5 Millionen Euro für Flugtickets, Umbuchungen und Stornierungen aus. Wie viele Flugkilometer dabei zustande kamen, wurde aktuell nur von einem Ministerium beantwortet: Das Klimaressort kam 2020 auf 345.274 Flugkilometer – und rund 200.000 Bahnkilometer. Dabei stechen vor allem die Reisen von ÖVP-Klimastaatssekretär Magnus Brunner hervor: Er ist im Vorjahr im Schnitt zweimal im Monat beruflich in seine Heimat Vorarlberg geflogen. "Die Menschen erwarten sich zu Recht, dass die Regierung nicht nur in Wien unterwegs ist", heißt es dazu aus dem Staatssekretariat. Brunner nutze für Bundesländerbesuche "fast ausschließlich" die Bahn oder sein Wasserstoffauto. (Nora Laufer, 28.7.2021)