Roland Weißmann (53), stellvertretender ORF-Finanzdirektor und ORF.at-Geschäftsführer, gilt als Favorit der ÖVP-nahen Mehrheit im Stiftungsrat für den Generalsjob.

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Lisa Totzauer (50) ist Channel-Managerin von ORF 1 und wird als bürgerlich eingeordnet. Sie bewirbt sich 2021 als bisher einzige Frau als Generalin.

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Alexander Wrabetz (61) führt den ORF seit 2007 als Generaldirektor. Er will in einer weiteren Amtszeit Projekte wie ORF-Player und Newsroom "mit Leben erfüllen".

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Herbert Kickl hatte eine Idee für "grundlegende demokratische Standards" auch bei der Bestellung des ORF-General direktors am 10. August: Die 35 Stiftungsräte mögen geheim über die Führung des öffentlich-rechtlichen Medienhauses abstimmen.

Offene Abstimmung und politische Besetzung ließen "nur parteipolitisch klar zuordenbare Kandidaten antreten", erklärte der FPÖ-Chef der APA. Geheim abzustimmen würde "Klubzwang" aushebeln und Stiftungsräten nach den Fähigkeiten der Bewerber urteilen lassen. "Wenn es eine geheime Wahl gibt, steigen vielleicht tatsächlich unabhängige Kandidaten in den Ring, die in einer offenen politischen Abstimmung keine Chance hätten."

ORF-Novelle von ÖVP/FPÖ

Das ORF-Gesetz schreibt allerdings eine offene Abstimmung vor, seit der Novelle 2001, konzipiert und verabschiedet von der ersten Koalition der FPÖ mit der ÖVP unter Kanzler Wolfgang Schüssel.

Der Stiftungsrat würde also gegen das Gesetz verstoßen, wenn er geheim abstimmt. Und für eine Gesetzesnovelle kommt der Vorschlag ein bisschen knapp, zwei Wochen vor der Generalswahl.

Heinz Lederer, Sprecher der fünf SPÖ-nahen Stiftungsräte, will sich mit den anderen "Freundeskreisen" auf eine freiwillige geheime Abstimmung verständigen. Und wenn das ORF-Gesetz dem entgegenstehe, schlägt er eine geheime Probeabstimmung vor der regulären Abstimmung über den ORF-Chef vor. Der Vorschlag dürfte eher keine Mehrheit im Stiftungsrat finden, so über ihn am 10. August abgestimmt wird.

ÖVP-nahe Stiftungsräte haben alleine die Mehrheit im obersten ORF-Gremium, um den nächsten ORF-Chef ab 1. Jänner 2022 zu bestellen. Unterstützung aus anderen Fraktionen zeichnet sich ab – etwa aus der FPÖ. Kolportiert wird dafür ein Avancement von Human-Resources-Chefin Kathrin Zierhut, womöglich ins Direktorium. Als Grüne kursieren etwa Eva Schindlauer (ORF 3) und Georg Spatt (Ö3). Direktoren bestellt der Stiftungsrat wie die Landesdirektoren am 16. September auf Vorschlag des frisch bestellten Generals.

Kärnten-Besuch

Die neun Bundesländer haben je ein Mandat im Stiftungsrat. Versprechen über passende Landesdirektoren erhöhen die Bereitschaft, Generalskandidaten zu unterstützen. Bewerber Weißmann besuchte etwa gerade Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

Am Mittwoch endet um Mitternacht die Bewerbungsfrist für den ORF-Generalsjob. Die geforderten Bewerbungskonzepte sollten bis dahin beim zuständigen Notar landen – und dann bald an die Stiftungsräte gehen.

Nach den Ankündigungen von General Alexander Wrabetz, ORF-1-Managerin Lisa Totzauer und dem stellvertretenden ORF-Finanzdirektor Weißmann wurde zudem mit einer Bewerbung des für Online zuständigen stellvertretenden ORF-Technikdirektors Thomas Prantner (TVthek) gerechnet. (Update, Mittwochvormittag: Prantner bewirbt sich)

Noch bis 3. August können ORF-Stiftungsräte Kandidatinnen und Kandidaten nachnominieren. Diese Möglichkeit nützte der damalige ORF-Finanzdirektor Alexander Wrabetz 2006, als er gegen die von der Kanzlerpartei ÖVP unterstützte Generalin Monika Lindner antrat.

Bis 6. August können Stiftungsräte Bewerberinnen und Bewerber zum Hearing am 10. August einladen. Alle im Hearing werden abgestimmt – laut ORF-Gesetz offen.

Alm winkt ab

Einer, der mit einer Generalsbewerbung kokettierte, lässt sie nun definitiv: der Wiener Medienunternehmer Niko Alm, früher Herausgeber von Vice, Neos-Mediensprecher und Geschäftsführer von Addendum. "Lohnt dieser Aufwand für einen Prozess, der politisch vorentschieden wird? Noch dazu für jemanden, der kein Teil einer Chatbewegung ist?", erklärt Alm. Zudem wäre er als Mitglied der Bezirksvertretung Landstraße für die Bierpartei von der Bewerbung ausgeschlossen. Das ORF-Gesetz von 2001 verbietet politischen Mandataren und Parteiangestellten eine Funktion im Stiftungsrat oder Management. (Harald Fidler, 28.7.2021)