Kinder und Jugendliche hatten besonders durch die Pandemie zu leiden – einige entwickelten psychische Störungen.

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Dass auch Kinder und Jugendliche besonders unter der Corona-Pandemie litten und teilweise langjährige Folgen davontragen, ist bereits hinlänglich untersucht und berichtet worden. Die Bundesregierung stockt nun angesichts dessen die Mittel zur akuten Bewältigung psychosozialer Probleme von Kindern und Jugendlichen auf. Bis Ende 2022 soll es in diesem Bereich demnach zusätzlich 13 Millionen Euro geben, kündigten Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) vor dem Sommerministerrat am Mittwoch in Reichenau an der Rax an, bei dem unter anderem dieses Vorhaben behandelt werden soll.

Psychische Auffälligkeiten bei fast jedem dritten Kind

Besonders Kinder und Jugendliche seien von den "notwendigen, aber einschneidenden Maßnahmen" im Zuge der Covid-19-Krise stark betroffen gewesen, hieß es aus dem Gesundheitsressort. Fast jedes dritte Kind zeige psychische Auffälligkeiten. Insbesondere hätten Ängste und Sorgen, depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden zugenommen.

"Corona betrifft uns alle – und nicht nur körperlich. Das Erkrankungsrisiko, aber auch die vielfältigen Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und die eigenen Lebensumstände bereiten vielen Menschen Ängste und Sorgen. Ganz besonders betrifft dies Kinder und Jugendliche", so Mückstein in einem Statement. "Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass Kinder und Jugendliche pandemiebedingt verstärkt unter psychosozialen Belastungen leiden und gerade jetzt Unterstützung brauchen. Eine frühzeitige Behandlung ist wichtig, um Verschlimmerungen und möglichen chronischen Folgen vorzubeugen."

Niederschwellige Beratungsangebote

Mückstein rechnet damit, dass die psychischen Krisenfolgen noch länger andauern werden. "Um sie abzufedern, ist es wichtig, rasch zu handeln. Wir werden daher zeitnah niederschwellige Unterstützungs- und Beratungsangebote für Kinder und Jugendliche mit psychosozialen Problemen ermöglichen." Die konkreten Umsetzungsschritte arbeitet das Gesundheitsministerium in den kommenden Wochen gemeinsam mit Partnern aus den Bereichen Versorgung und Krankenversicherung unter Einbindung des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP) und des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP) aus.

Dabei werde es auch eine "enge Kooperation" mit dem Bildungs- und dem Jugendressort geben. Denn Bereiche wie die Schulpsychologie oder die außerschulische Jugendarbeit seien wichtige Kanäle, über die Jugendliche erreicht und über die künftigen Angebote informiert werden können, hieß es.

Faßmann betont Schülerberatung

"Dass das letzte Jahr gerade für Kinder und Jugendliche besonders schwer war, ist allgemein bekannt. Umso mehr begrüße ich, dass nun 13 Millionen Euro zur Abfederung der negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen bereitgestellt werden", so Minister Faßmann. Ich bin überzeugt, dass die so finanzierten Projekte in Verbindung mit der zuletzt ausgebauten psychologischen Schülerberatung hier einen wichtigen Beitrag leisten werden."

Was Jugendorganisationen fordern

Wie die 13 Millionen eingesetzt werden, wird freilich erst ausgearbeitet. Ideen gäbe es genug: Kinder- und Jugendorganisationen forderten in den letzten Jahren immer wieder mehr und vor allem kostenlose Therapieplätze für Kinder und Jugendliche. Bereits vor der Corona-Krise fehlten laut SOS Kinderdorf rund 70.000 kassenfinanzierte Therapieplätze für Kinder und Jugendliche.

Die Auswirkungen der Pandemie hätten den Versorgungsnotstand weiter verschärft. "Es kann nicht sein, dass Jugendliche bzw. ihre Familien therapeutische Behandlungen, die nicht billig sind, zum überwiegenden Teil selbst finanzieren müssen. Das schließt große Teile der Bevölkerung schlichtweg aus. Und wir wissen, dass gerade Jugendliche aus wirtschaftlich schlechter gestellten Familien derzeit besonders belastet sind. Sie brauchen Unterstützung, und die muss leistbar sein", sagte Christian Moser, Geschäftsführer von SOS Kinderdorf, im April.

Mehr Aktivitäten zur Förderung der Kinder- und Jugendgesundheit, die in der Pandemie bisher viel zu kurz gekommen sei, forderte die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit (Kinderliga) zum Amtsantritt von Mückstein – ebenfalls im April. Notwendig seien "ein klares Bekenntnis und erst recht entsprechende Handlungsstrategien, um die weitaus nachhaltigste Zukunftsinvestition – nämlich jene in die seelische, soziale und körperliche Gesundheit von Kindern und Jugendlichen – ins Zentrum aller Bemühungen zu stellen", meinte Kinderliga-Präsident Christoph Hackspiel.

Corona-Bonus in Form von Gutscheinen

Gemeinsam mit dem Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) plädierte die Kinderliga zuletzt erst Ende Juni für einen Corona-Bonus für alle sechs bis 25- Jährigen in Form von Gutscheinen für diverse Freizeitaktivitäten und für psychosoziale Betreuung: Das Angebot sollte breit gefächert sein und von Schnupperstunden in Sportvereinen und Sportstätten über Museums- oder Kinobesuche bis hin zu gemeinsamen Aktivitäten mit Gleichaltrigen reichen. Auch psychosoziale Angebote sollten mit den Gutscheinen in Anspruch genommen werden können. (APA, red, 28.7.2021)