Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) trat im Jänner wegen Plagiatsvorwürfen zurück und verschwand von der Bildfläche. Die Prüfung ihres akademischen Verhaltens ist im Gange, Titel wurden ihr bisher keine aberkannt.

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Zu Jahresbeginn geht es auf einmal ganz schnell. Am Abend des 7. Jänner veröffentlicht der Plagiatsjäger Stefan Weber einen Blogeintrag, in dem er Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) "Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse" attestiert. Thema ist die betriebswirtschaftliche Diplomarbeit, die Aschbacher 2006 an der Fachhochschule Wiener Neustadt eingereicht hatte. Ihr Sprecher versucht am nächsten Morgen noch abzuwiegeln: Die Ministerin habe auf ihre Arbeit sogar ein "Sehr gut" bekommen und nach bestem Wissen und Gewissen agiert. Die rasante Verbreitung der holprigen Textpassagen via Social Media lässt sich da aber schon nicht mehr einfangen.

Im Laufe des Nachmittags wird zudem Aschbachers Dissertation publik, mit der sie als Regierungsmitglied 2020 an der Technischen Uni in Bratislava einen Doktortitel im Fach Industriemanagement erlangt hatte. Allerhand absurde Formulierungen wie "Ich werde rollen und tun es" machen die Runde, überdies ortet Weber mittels einer ersten Softwareprüfung zahlreiche Plagiate. Am Abend darauf tritt die Steirerin zurück – per Aussendung "zum Schutz meiner Familie" und ohne Schuldeingeständnis.

Verzögerung bei Plagiatsgutachten

Was ist seither geschehen? Die FH Wiener Neustadt hat bis Anfang Februar die "Rechtslage und die Begleitumstände" des Jahres 2006 evaluiert. Zudem trat die Fachhochschule im Jänner der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) bei. Hochschulen können die Agentur einschalten, um in prominenten Fällen eine externe Prüfung akademischer Vorwürfe zu veranlassen. Das tat die FH Wiener Neustadt auch. Anfang März informierte die ÖAWI den STANDARD darüber, dass man "zwei Gutachter*innen aus dem deutschsprachigen Ausland mit Expertise in BWL, Marketing oder Management" beauftragen wolle. Nach Einholung einer Zusage der externen Gutachter sowie einer Prüfung der Arbeit per Plagiatssoftware und deren manueller Auswertung sollten idealerweise binnen vier Wochen Gutachten erstellt werden, erklärte die ÖAWI damals.* Auf Basis der Gutachten werde die ÖAWI-Kommission dann eine Stellungnahme verfassen und an die FH weiterleiten.

Anfang Mai hieß es dann von der ÖAWI auf Nachfrage, dass die Beurteilung noch nicht abgeschlossen sei: "Ein ehestmöglicher Abschluss wird selbstverständlich angestrebt." Allerdings wartet die FH Wiener Neustadt bis heute auf die Gutachten, wie deren Pressesprecher mitteilt. Man rechne nach Rücksprache mit der ÖAWI im Herbst mit einer Übermittlung der finalen Stellungnahme auf Basis der Gutachten. Erst dann werde die FH über weitere Schritte entscheiden. Zur Frage, ob Aschbacher oder ihr Diplomarbeitsbetreuer bereits von der FH selbst befragt wurden, will man keine Auskunft geben, da es sich um ein laufendes Verfahren handle.

Sonderkommission in Bratislava

Ähnlich ist der Stand der Dinge in der Slowakei: Die TU Bratislava schreibt dem STANDARD, dass sie eine neunköpfige Sonderkommission eingerichtet habe, um den Fall zu prüfen. Diese bestehe aus hausinternen Verantwortlichen für das Doktoratsstudium, Professoren anderer Unis sowie ausländischen Experten für Forschungsintegrität. Die Sonderkommission habe wiederum ausländische Experten beauftragt, Gutachten zur wissenschaftlichen Redlichkeit von Aschbachers Forschung samt ihrer Doktorarbeit zu erstellen. Die Gutachten lägen aber noch nicht vor. Sobald diese eintrudeln, werde die TU Bratislava ihre Schlüsse in der Causa ziehen. (Theo Anders, 4.8.2021)