Für die einen ist das, was vier Polizisten von sich gaben, die authentische und schockierende Beschreibung des Angriffs auf das US-Kapitol. Kriegsveteranen haben um ihr Leben gefürchtet, und auch jetzt, knapp sieben Monate später, haben sie die entfesselte Gewalt des 6. Jänner, der sie zum Opfer fielen, nicht verarbeitet. Auf der ganzen Welt kennt man die Bilder des Mobs, der das Kapitol mit aller verfügbaren Macht stürmte. Rational betrachtet gibt es also keinen Grund, an den Aussagen der Beamten zu zweifeln.

Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol begann mit einer Anhörung der Polizei.
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Mit Rationalität, und das ist bekannt, steht das Lager um Ex-Präsident Donald Trump aber auf Kriegsfuß. Und so ist der Untersuchungsausschuss, der mit der Anhörung der Kapitol-Polizisten startete, für sie eine Farce – die Löwinger-Bühne, um sich beim österreichischen Politsprech zu bedienen. Die Trumpisten in ihrer Fake-News-Blase orten eine Verschwörung der Demokraten, um das Narrativ ihres Idols anzuzweifeln: dass eine "liebevolle Menschenmenge" friedlich dagegen protestiert habe, dass ihm der Wahlsieg gestohlen werde.

Der Untersuchungsausschuss wird den Graben, der die USA spaltet, nicht überwinden können. Wer weiß, möglicherweise wird er ihn vertiefen. Vielleicht aber werden die tränenerstickten Aussagen der Polizisten und all das, was der Ausschuss noch zutage fördert, auch manche aus dem republikanischen Lager zur Vernunft bringen: dass die Wahrheit eine Tochter der Zeit ist – und nicht eine Tochter Trumps. (Kim Son Hoang, 28.7.2021)