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Die Überbleibsel des sogenannten Heidentors in der Nähe der Zivilstadt von Carnuntum, das in der Spätantike vermutlich als Siegesdenkmal errichtet wurde.

Foto: Reuters

Seit vielen Jahren wurde transnational daran gearbeitet, dass die an der Donau liegenden Bodendenkmale der Römer, subsummiert als der Donaulimes, zum Unesco-Weltkulturerbe werden. Bereits 2019 wurde ein gemeinsamer Antrag von Österreich, Deutschland (Bayern), der Slowakei und Ungarn diesbezüglich gestellt. Die Einreichung umfasste damals 98 Komponenten entlang der Donau, 22 davon in Österreich, darunter etwa die Legionslager von Lauriacum/Enns und Carnuntum oder die Kastelle bzw. Burgi von Oberranna, Schlögen (OÖ), Traismauer und Tulln (NÖ).

Bei der Unesco blitzte man aber ab: Ungarn hatte damals kurzfristig einen Teil im Bereich der archäologisch erhaltenen römischen Stadt Aquincum (heutiges Budapest) aus der Nominierung herausgenommen, der als besonders wichtig für das Gelingen des Antrags galt.

Komplikationen und Freude

Auch beim jetzigen Versuch, den Donaulimes, der neben den bereits erwähnten Ländern auch noch durch das heutige Serbien, Rumänien und Bulgarien verläuft, zum Weltkulturerbe zu machen, passierte etwas Unvorhergesehenes: Ungarn stieg plötzlich ganz aus dem Antrag aus. Damit fielen 400 Kilometer des Donaulimes, die in Ungarn verlaufen – und im Vergleich zu Österreich, Slowakei und Bayern den längsten Abschnitt ausmachen, weg. Der Antrag musste nun von der Unesco neu bewertet werden.

Nach mehrmaliger Vertagung der Entscheidung, gibt es nun trotzdem gute Nachrichten aus Fuzhou, China, wo das zuständige Komitee tagte: Der Donaulimes inklusive Österreich-Abschnitt wurde zum Weltkulturerbe erklärt.

"Dass der westliche Teil des Donaulimes mit seinen Abschnitten in Deutschland, Österreich und der Slowakei nun eingeschrieben werden konnte, ist die Anerkennung jahrelanger intensiver Vorarbeiten und gleichzeitig Auftrag für den umfassenden Schutz für kommende Generationen", freute sich Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen Unesco-Kommission, via Aussendung.

Was ist der Limes?

Die ganze Außengrenze des römischen Reichs wird Limes genannt. Es handelt sich um eine Kombination aus natürlichen Grenzen, zum Beispiel Flüssen wie Donau oder Rhein und befestigten Anlagen wie Kastellen, Mauern und Wachtürmen. Als das Römische Reich im 2. Jahrhundert n. Chr. den Höhepunkt seiner Größe erreicht hatte, maßen seine Außengrenzen – je nach Zählweise – 5.000 bis 7.500 Kilometer.

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Ein Teil des Hadrianswalls in Großbritannien, der bereits seit 1987 Unseco-Weltkulturerbe-Status hat.
Foto: AP

Heute würde der gesamte Limes durch 20 Länder, die auf drei Kontinente verteilt sind, verlaufen. Im Rahmen des seriellen Welterbes "Grenzen des Römischen Reiches" zählen etwa der Hadrians- und Antoninuswall in Großbritannien, der Obergermanisch-Rätische Limes und seit Dienstag auch der Niedergermanische Limes mit seinen Kastellen und Legionslagern zu den Welterbestätten. Erklärtes Ziel ist, dass irgendwann alle Teilabschnitte des Limes als Weltkulturerbe gelten.

Interkultureller Austausch am Donaulimes

Die Donau bildete mehr als vier Jahrhunderte lang eine wichtige Außengrenze des Römischen Reichs. Unter Kaiser Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.) wurden die Regionen, die sich im heutigen Österreich befinden, nämlich Raetien und Noricum, sowie Pannonien erstmals besetzt. Spätestens unter Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) wurden sie zu römischen Provinzen. Die Eingliederung des Regnum Noricum – bereits unter Julius Caesar gab es solide Handelsbeziehungen zu den keltischen Norikern – ins Römische Reich verlief weitestgehend friedlich. Im Laufe der römischen Herrschaft wurde eine Kette an Kastellen und Wachtürmen entlang der Donau etabliert: zur militärischen Sicherung der Gebiete diesseits und zur Überwachung der germanischen Gebiete und ihrer Stämme jenseits der Donau.

Zudem bildeten sie Ausgangs- und Endpunkte wichtiger Handelsrouten und stellten somit auch Brennpunkte des interkulturellen Austauschs dar. Der Donaulimes war daher nicht nur militärische Grenze, sondern im Laufe seiner Geschichte auch immer wieder friedliche Begegnungszone, in der verschiedene Kulturen aufeinandertrafen und sich miteinander arrangierten und arrangieren mussten.

Kulturleistungen

Während die ersten militärischen Posten im 1. Jahrhundert n. Chr. überwiegend aus Holz errichtet wurden, erfolgte ab dem 2. Jahrhundert der Umbau in Stein. Diesem Umstand verdanken wir die vielfach heute noch meterhoch erhaltenen Überreste, erwähnenswert sind unter anderem die beeindruckenden Wehrmauern von Oberranna (OÖ), Mautern, Traismauer oder Tulln (NÖ). Während im heute österreichischen Teil von Pannonien mit Vindobona/Wien und Carnuntum bereits seit dem 1. Jahrhundert zwei Legionslager existierten, wurde im Zuge der Markomannenkriege in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts auch in Noricum eine Legion stationiert: Reste der Lagergrabens und Teile der umgebenden Zivilsiedlung sind heute noch in Lauriacum/Enns zu sehen, wo erst 2016 die bisher größte bekannte Kalkbrennanlage in den Rhein-Donau-Provinzen des Römischen Reiches entdeckt worden war, die auch bei der oberösterreichischen Landesausstellung 2018 unter dem Motto "Die Rückkehr der Legion" einen der Höhepunkte bildet.

Entlang des Donaulimes, dessen österreichischer Abschnitt rund 360 Kilometer misst, entstanden nicht nur Legionslager, Kastelle und Wachtürme, sondern unter deren Schutz auch Siedlungen und Verwaltungszentren, die zu großer Bedeutung aufstiegen. Auch die Schaffung eines ausgedehnten Straßennetzes gehörte zu den auffälligsten Kulturleistungen des Römischen Reichs.

Zwölf Welterbestätten in Österreich

In Österreich zählt mit der heutigen Entscheidung nun zwölf Welterbestätten. Das sind die historischen Zentren von Graz, Salzburg und Wien, Schloss Schönbrunn, die Region Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut, die Semmeringbahn, die Wachau, der Neusiedlersee und – als Teil grenzüberschreitender Welterbestätten – prähistorische Pfahlbauten rund um die Alpen, Buchenurwälder u.a. im Nationalpark Kalkalpen und der historische Kurort Baden bei Wien. Dieser wurde erst am vergangenen Samstag als Teil der "Great Spa Towns" Europas in die begehrte Liste aufgenommen. (Amira Ben Saoud, David Rennert, APA, 30.7.2019)