Die Corona-Kurzarbeit hat sich in den letzten fast eineinhalb Jahren als eines der bedeutendsten Instrumente zur Überbrückung der pandemiebedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten für Unternehmen herauskristallisiert. Seit 1. Juli 2021 befinden wir uns in Phase 5 der Corona-Kurzarbeit. Doch was tun, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch während beziehungsweise nach Beendigung der Kurzarbeit andauern? Welche Möglichkeiten gibt es für Unternehmen, die früher oder später zu Umstrukturierungen und damit auch zur Einsparung von Personalkosten gezwungen sein werden?

Kurzarbeit soll Arbeitslosigkeit vermeiden und wirtschaftlichen Schwierigkeiten für Unternehmen mindern.
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Das arbeitsmarktpolitische Ziel der Kurzarbeit ist die Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Die Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe ist deshalb gesetzlich unter anderem an die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes geknüpft. Die näheren Voraussetzungen dafür sind in der Bundesrichtline Kurzarbeitsbeihilfe des Arbeitsmarktservice (AMS) geregelt. Die Pflicht zur Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes ist zudem in der zwischen der Wirtschaftskammer (beziehungsweise dem zuständigen Arbeitgeberverband) und der Gewerkschaft abgeschlossenen Sozialpartnervereinbarung – unabhängig vom Bestehen eines Betriebsrates – festgehalten.

Behaltepflicht und Behaltefrist

Arbeitgeber sind demnach grundsätzlich verpflichtet, den vereinbarten Beschäftigtenstand, der zum Zeitpunkt des Geltungsbeginnes der Kurzarbeitsvereinbarung bestanden hat, sowohl während der Kurzarbeit (sogenannte Behaltepflicht) als auch in einem darüber hinaus zusätzlich vereinbarten Zeitraum nach deren Beendigung (sogenannte Behaltefrist) aufrecht zu erhalten; eine Unterschreitung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Die Dauer der Behaltefrist nach Ende der Kurzarbeit beträgt grundsätzlich einen Monat, es sei denn, es wurde aufgrund besonderer Umstände eine abweichende Regelung in der Sozialpartnervereinbarung getroffen.

Für die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes während der Kurzarbeit ist der Gesamtbeschäftigtenstand (Arbeiter, Angestellte, Lehrlinge) – je nach Festlegung in der Sozialpartnervereinbarung – des Unternehmens, des Betriebes oder des Betriebsteiles relevant. Die Behaltefrist nach der Kurzarbeit bezieht sich hingegen nur auf jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der Kurzarbeit betroffen waren. Wird dieser Beschäftigtenstand während der Kurzarbeit beziehungsweise Behaltefrist nicht aufrechterhalten, stellt dies einen förderrechtlichen Rückforderungstatbestand dar. Das bedeutet, die ausbezahlte Kurzarbeitsbeihilfe wird vom AMS – je nach Schwere der Abweichung – teilweise oder gänzlich zurückgefordert und kann im "worst case" sogar die gesamte Beihilfe für das Unternehmen umfassen.

Personenbezogenen Beendigungsgründe und Auffüllverpflichtung

Unter bestimmten Voraussetzungen sind Beendigungen von Arbeitsverhältnissen aber auch während der Kurzarbeit und Behaltefrist möglich. Dies ist insbesondere bei personenbezogenen Beendigungsgründen der Fall. Damit der vereinbarte Beschäftigtenstand aufrechterhalten bleibt, führen während der Kurzarbeit beziehungsweise innerhalb der Behaltefrist ausgesprochene Arbeitgeberkündigungen aus personenbezogenen Gründen ebenso wie unberechtigte Entlassungen zu einer Auffüllverpflichtung.

Das bedeutet, dass eine neue Mitarbeiterin beziehungsweise ein neuer Mitarbeiter den ausscheidenden Mitarbeiter ersetzen muss; dem Arbeitgeber steht hierfür aber eine angemessene Zeit zur Personalsuche zur Verfügung. Die Glaubhaftmachung von Suchaktivitäten (zum Beispiel Vorlage Stellenausschreibung, Nachweis der Meldung freier Stellen an das AMS) ist ausreichend. Eine zufällige Unterschreitung des Beschäftigtenstandes aufgrund der üblichen betrieblichen Fluktuation ist daher unerheblich. Allerdings löst nicht jede Beendigung während der Kurzarbeit beziehungsweise innerhalb der Behaltefrist eine Auffüllverpflichtung aus.

Arbeitnehmerkündigungen und berechtigte Entlassungen sind von der Auffüllverpflichtung ausgenommen. Dies gilt ebenso für Beendigungen aufgrund eines Pensionsanspruches, Auflösungen während der Probezeit sowie für vor Beginn der Kurzarbeit gekündigte beziehungsweise begonnene befristete Arbeitsverhältnisse, deren Kündigungsfrist beziehungsweise Zeitablauf in den Zeitraum der Kurzarbeit oder Behaltefrist fallen. Eine Besonderheit stellen einvernehmliche Auflösungen dar. Das Vorliegen einer Auffüllverpflichtung bei einvernehmlichen Auflösungen ist nämlich davon abhängig, ob eine vorherige Beratung des Betriebsrates, der Gewerkschaft oder der Arbeiterkammer über die Folgen der Auflösung stattgefunden hat. Mit einer vorherigen Beratung besteht keine Auffüllverpflichtung, ohne vorherige Beratung hingegen schon.

Wann kann zum Zweck der Verringerung des Beschäftigtenstandes gekündigt werden?

Arbeitgeberkündigungen aus betriebsbezogenen Gründen sind jedoch grundsätzlich unzulässig. Sollten sich die Verhältnisse nach Abschluss der Sozialpartnervereinbarung allerdings wesentlich verschlechtern, so können Arbeitgeberkündigungen zum Zweck der Verringerung des Beschäftigtenstandes mit Zustimmung des Betriebsrats beziehungsweise der Gewerkschaft ausgesprochen werden. Für den Fall, dass der Betriebsrat oder die Gewerkschaft nicht zustimmen, kann beim Regionalbeirat der für den jeweiligen Betriebsstandort zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS (RGS-Regionalbeirat) ein Antrag auf Ausnahmebewilligung eingebracht werden.

Dabei hat das Unternehmen zu begründen, warum durch die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes der Fortbestand des Unternehmens beziehungsweise des Betriebsstandortes in hohem Maße gefährdet ist. Die Entscheidung des RGS-Regionalbeirat ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats oder der Gewerkschaft. Ist der Fortbestand des Unternehmens oder des Betriebsstandortes in hohem Maß gefährdet, so kann auch die Behaltefrist mit Zustimmung des Betriebsrats beziehungsweise der Gewerkschaft verkürzt werden oder sogar entfallen. Hierfür ist ebenfalls eine Zustimmung durch den Betriebsrat oder die Gewerkschaft oder eine Vorlage einer Ausnahmebewilligung durch den RGS-Regionalbeirat erforderlich.

Kein individueller Kündigungsschutz

Während die förderrechtliche Konsequenz der Nichtaufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes (nämlich die Rückforderung der Beihilfe) klar ist, ist die Frage strittig, ob rechtswidrige – gegen die kurzarbeitsbedingten Kündigungsbeschränkungen verstoßende – Arbeitgeberkündigungen wirksam sind oder nicht. Das OLG Linz vertritt dazu im Einklang mit der überwiegenden Lehre die Ansicht, dass aus der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes kein individueller Kündigungsschutz des einzelnen Arbeitnehmers in einem von Kurzarbeit betroffenen Unternehmen abgeleitet werden kann.

Die Kurzarbeitsbeihilfe dient nämlich nicht dazu, dem Arbeitnehmer eine Beschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu sichern, sondern dazu, Betrieben bei vorübergehenden wirtschaftlichen Problemen die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer zu ermöglichen und Arbeitslosigkeit zu verhindern. Auch aus der Sozialpartnervereinbarung, die als Vertrag zugunsten Dritter zwischen dem Arbeitgeber und den Sozialpartnern geschlossen wird, kann kein individueller Kündigungsschutz abgeleitet werden. Damit sollen nämlich lediglich die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt, aber dem einzelnen Arbeitnehmer keine darüberhinausgehenden Rechte eingeräumt werden.

Es ist also nicht die Weiterbeschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers, sondern die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes (ggfs. durch Auffüllung) maßgeblich. Solche rechtswidrig ausgesprochenen Arbeitgeberkündigungen sind somit mangels individuellen Kündigungsschutzes dennoch wirksam und führen in der Regel zu keinem Anspruch auf Kündigungsentschädigung des Arbeitnehmers. Die Entscheidung des OGH bleibt jedoch mit Spannung abzuwarten.

Kündigungsschutz

Unabhängig von der Inanspruchnahme der Kurzarbeit sind aber stets die generellen Kündigungs-(schutz-)bestimmungen zu beachten. Kündigungen sind zwar grundsätzlich formlos möglich (sofern nicht im Kollektivvertrag oder Dienstvertrag Abweichendes vereinbart ist), es sind aber jedenfalls die gesetzlichen, kollektivvertraglichen und allenfalls einzelvertraglich vereinbarten Kündigungsfristen und -termine zu beachten. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so ist dieser vor Ausspruch der Kündigung von der beabsichtigten Kündigung zu verständigen und ein Vorverfahren einzuhalten.

Für eine rechtswirksame Kündigung von Angehörigen bestimmter Arbeitnehmergruppen (zum Beispiel Schwangere, Lehrlinge, begünstigt Behinderte etc.) ist zudem vorab die Zustimmung des Gerichts beziehungsweise des Behindertenausschusses erforderlich (sogenannter besonderer Kündigungsschutz). Darüber hinaus kann bei der Beendigung einer größeren Zahl an Arbeitsverhältnissen innerhalb kurzer Zeit eine Meldung an das AMS vor Ausspruch der Kündigungen erforderlich sein (sogenanntes Kündigungsfrühwarnsystem).

Seit 1. Juli 2021 sind Beendigungen, die vor Beginn der Kurzarbeitsvereinbarung zum Frühwarnsystem angemeldet worden sind, von der Auffüllverpflichtung ausgenommen, sofern die Sozialpartner vorweg zugestimmt haben und die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht in die Kurzarbeitsvereinbarung einbezogen sind. Im Zusammenhang mit dem Kündigungsfrühwarnsystem sei abschließend noch auf eine kürzlich ergangene Entscheidung des OGH hingewiesen, wonach die Missachtung der Meldepflicht gegenüber dem AMS nur zur Unwirksamkeit von Kündigungen führt, die – ebenfalls von der Meldepflicht umfassten – einvernehmlichen Auflösungen hingegen aufrecht bleiben. (Thomas Neumann, 5.8.2021)