Durch den Wechsel zwischen Präsenzunterricht, Schichtbetrieb und Distance-Learning waren Schülerinnen und Schüler – vor allem jene mit geringen Deutschkenntnissen – im vergangenen Schuljahr besonders gefordert.

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Wien – Im nächsten Schuljahr wird es erneut Zusatzförderstunden geben, um durch die Corona-Pandemie entstandene Leistungsdefizite abzufangen – jedoch in abgespeckter Form. Zuletzt gab es im Schnitt zwei Extraförderstunden pro Klasse und Woche. Zumindest für das kommende Wintersemester sind vom Bildungsministerium in der Primarstufe weiterhin zwei Stunden vorgesehen, in der Sekundarstufe werden es 1,5 Stunden. "Die Verlängerung ist notwendig, weil gerade in der Primarstufe über Distance-Learning oft nicht der gewünschte Lernerfolg erzielt werden konnte", sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) zur APA. Kostenpunkt: 110 Millionen Euro zusätzlich.

Auch die Sommerschule werde eine "ständige Einrichtung bleiben, weil sie sehr gut angenommen wird", sagte Faßmann heute, Donnerstag, im Ö1-"Morgenjournal". Die Sommerschule richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die vor dem nächsten Schuljahr noch Stoff auf- oder nachholen wollen, besonders bei Schwierigkeiten in Deutsch. Für den Herbst kündigte Faßmann ein entsprechendes Gesetz an. Im vergangen Jahr wurde das Angebot im Sommer von rund 22.000 Schülerinnen und Schüler genutzt, heuer von fast 40.000.

Nicht alle Mittel ausgeschöpft

Durch den Wechsel von Präsenzunterricht, Schichtbetrieb und Distance-Learning waren Schülerinnen und Schüler – vor allem jene mit geringen Deutschkenntnissen – im vergangenen Schuljahr besonders gefordert. Ab Jänner wurden deshalb zunächst zwei zusätzliche Wochenstunden für Matura- bzw. Abschlussklassen an den AHS und BMHS sowie ein Ergänzungsunterricht in der "unterrichtsfreien Zeit" vor den Abschlussprüfungen angeboten. Ab März gab es dann für alle Schüler durchschnittlich zwei Förderstunden pro Klasse für Förder- oder Kleingruppenunterricht und individuelle Fördermaßnahmen.

Dabei wurden allerdings nicht alle vom Bildungsressort eingeplanten Mittel ausgeschöpft, rund 41 der dafür eingeplanten gut 117 Millionen Euro sind liegengeblieben. Während die Förderstunden für die Abschlussklassen zu nahezu 100 Prozent abgerufen wurden, waren es bei den übrigen Förderstunden im Schnitt nur zwei Drittel. Das lag nach Rückmeldungen der Bildungsdirektionen an das Ministerium vor allem daran, dass das Lehrpersonal aufgrund der Corona-Situation bereits aus- bzw. überlastet war, der Schichtbetrieb die Abhaltung der Förderstunden in der Klasse erschwerte bzw. den Schülerinnen und Schülern angesichts der ohnehin hohen Belastung keine zusätzlichen Stunden zumutbar schienen.

Schwerpunkt Deutsch

In der Praxis wurden nach Angaben des Bildungsministeriums zwischen 0,5 und vier Wochenstunden Förderunterricht je Klasse abgehalten, an einzelnen Schulen aber auch gar keine. Inhaltlicher Schwerpunkt der Fördermaßnahmen war die Unterrichtssprache Deutsch, an Volksschulen sind 50 Prozent und an den Mittelschulen 40 Prozent der Mittel in Deutschförderung geflossen.

Neben den zusätzlichen Förderstunden will das Ministerium noch weitere im vergangenen Schuljahr gestartete Angebote weiterführen: So wird das kostenlose Lernhilfeangebot auf dem Portal weiterlernen.at ausgebaut und bis Ende 2022 verlängert. Insgesamt sollen über diese Schiene mindestens 19.000 Schülerinnen und Schüler, die Lernrückstände bzw. Probleme beim Lernen haben, betreut werden. Auch das im April gestartete Videodolmetsch-Angebot soll bis 2022 weiterlaufen. Das Angebot soll verhindern, dass es in Kindergärten, Volks- und Mittelschulen bei heiklen Themen wie Förderung, Entwicklung oder Bildungslaufbahn wegen Sprachbarrieren oder aus kulturellen Gründen zu Missverständnissen kommt.

Kritik von FPÖ und Neos

Der FPÖ gehen die von Faßmann angekündigten Maßnahmen allerdings nicht weit genug und kommen überdies "wieder einmal viel zu spät". "Damit kann man die verloren gegangenen Bildungsfortschritte der Schüler nicht rasch aufholen", so FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl am Donnerstag in einer Aussendung. Stattdessen plädiert er dafür, zum Aufholen von Lernrückständen Schulklassen in den Kernfächern in den kommenden zwei Jahren zu teilen. Außerdem sollten in den ersten vier Schulwochen an den Nachmittagen auch Blockveranstaltungen abgehalten werden, und zwar unter Einbindung außerschulischer Bildungs- und Nachhilfeinstitute. Das kommende Schuljahr müsse außerdem in der gewohnten Normalität stattfinden, "es lernt sich ohne Maske einfach besser". Stattdessen sollten Luftreiniger zum Einsatz kommen.

Für Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre ist die Fortführung des Förderunterrichts mit geringerem Stundenausmaß "ein Schritt in die falsche Richtung": "Die Schulen brauchen ganz im Gegenteil zusätzliche Ressourcen, um neben den Gruppenkursen auch individuell fördern zu können", betont Künsberg Sarre in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Zahlreiche Kinder hätten im Lockdown den Anschluss verloren und bräuchten gezielte Unterstützung. "Wir haben im Frühjahr ein begleitendes Monitoring zum Förderprogramm beantragt, doch das wurde abgelehnt. Jetzt führt Faßmann eine Kürzung durch, ohne den Bedarf zu kennen", kritisiert die Neos-Bildungssprecherin. (APA, 29.7.2021)