Floh ins Exil und konnte ihre Schriftstellerlaufbahn nicht mehr fortsetzen: Marta Karlweis.

Foto: Literaturmuseum Altaussee

Flederwisch, Bückling, Ananaserdbeeren, Clothhemden: In Marta Karlweis’ (1889–1965) Literatur erschließt sich die Welt um 1900 nicht zuletzt durch ein den Usancen der Zeit entsprechendes, heute fallweise fremdes Vokabular.

Die vom Wiener DVB-Verlag wiederentdeckte Schriftstellerin (Ein österreichischer Don Juan,Schwindel u. a.) forscht den finsteren und geheimnisvollen Seiten ihrer Zeitgenossen nach und geht dabei den Protagonisten durchaus an die Wäsche.

Es ist das diffuse Unglücksgefühl, das die Exponenten der gehobenen Wiener Gesellschaft und die an sie angedockte Boheme ergriffen hat. Arthur Schnitzler lässt grüßen!

Verzweifelte Erotik

Um solche schwarzen Psycholöcher kreisen auch die unter dem Titel Der Zauberlehrling neu publizierten drei Erzählungen. Die fragilen Existenzen reiben sich stets gefährlich aneinander, wiewohl die gewissermaßen ein wenig verzweifelte Erotik auf die eleganteste Weise umschrieben beziehungsweise ausgespart wird. Einmal heißt es: Es "lächelten gleichsam alle ihre Glieder".

Der titelgebende Zauberlehrling der ersten Erzählung ist ein unausgeglichener Charakter, ein Dichter, der an zwei Frauen gleichzeitig Gefallen findet und sich dann – nach irren Gratwanderungen im inneren Monolog – ins Off katapultiert.

Matriarchatslandgut

Ähnlich flirrend manövriert sich der Maler Sebald in Die Uhr auf dem Fenstersims durcheine Affäre, die auf dem Matriarchatslandgut einer Generalswitwe endet. Auf Letztere trifft man dann erneut in der dritten Erzählung, Geschichte einer kärntnerischen Baronin, in der ein Märchen die anwesende Gesellschaft erschüttert.

Karlweis’ dichte und tief auslotende Literatur ist elektrisierend und nimmt ungewohnte Perspektiven ein. Ein Schatz wird gehoben. (Margarete Affenzeller, 30.7.2021)