Hütchenspieler waren gestern. Heute treiben sich Betrüger im Internet herum. Sie zocken ihre Opfer ab mit gefälschten Mails, SMS und machen auch vor Trauerden keinen Halt.

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"Das Böse ist immer und überall". In den 1980er Jahren haben wir über dieses Lied der österreichischen Band EAV noch gelacht. In der digital eng vernetzen Welt hat dieser Satz bittere Wahrheit erlangt. Egal ob via SMS, Mail, in Trauergruppen, Dating-Apps oder Online-Verkaufsplattformen: Betrüger haben ihre Fangnetze weit ausgeworfen und finden immer neue Opfer. Mit üblen Tricks und unter Vortäuschung von Gefühlen wird Menschen das Geld aus der Tasche gezogen. Hinter den Machenschaften steckt ein Millionenbusiness. Zu den häufigsten Abzocken gehören:

Love-Scam: Einsame Herren. Sie weilen als Soldat in der Ferne oder schieben Dienst auf Ölplattformen. Oder Damen, meist aus dem osteuropäischen Raum. Sie alle sind auf der Suche nach der großen Liebe. Die Masche in Dating-Plattformen zieht bei beiden Geschlechtern. Es geht immer darum, dass eine vermeintliche Person vorgibt, sich sehr schnell in die jeweils real suchende Person verliebt zu haben. Es wird viel geschrieben: sehr innig, sehr kümmernd. Das baut Vertrauen in die als Betrüger getarnten Damen und Herren auf. Will man per Video telefonieren, folgen oft Ausreden. Oder das Bild bleibt schwarz wegen Verbindungsproblemen. Irgendwann will das verliebte Pärchen sich treffen. Dann beginnt die Abzocke: Der Pass ist verloren oder abgelaufen. Für die Ausstellung eines neuen braucht es Geld, das gerade nicht verfügbar ist. Oft werden dann ein paar hundert Euro überwiesen. Eine Komplikation beim Flugticket oder einen Todesfall in der Familie (mit der Bitte um Hilfe bei den Begräbniskosten) später steigt der Schaden bei den Opfern oft bis zu 100.000 Euro pro Fall. Im Internet gibt es "Romance-Scammer"-Seiten, die Fotos und Masche der Betrüger auflisten.

SMS/Mail-Betrug: Sie haben eine neue Voicemail." Diese SMS-Nachricht – oft gespickt mit Rechtschreibfehlern – erhalten derzeit tausende Kunden. Wer dem Link in der betrügerischen Nachricht folgt, wird aufgefordert, eine App zu installieren. Wer das tut, gibt den Tätern quasi sein Handy frei und gewährt Zugriff auf SMS, Bank- und Kreditkartendaten. Sogar das Innenministerium hat vor diesem aktuell laufenden Betrug bereits gewarnt. Wer die App installiert hat, sollte sein Handy rasch auf die Werkeinstellungen zurücksetzen. Die Löschung der App reicht nicht aus, um die damit installierte Schadsoftware zu löschen. Oft sind diese Phishing-Mails auch getarnt als Nachrichten von Banken oder Verkaufsplattformen. Nutzer erhalten die Info, dass ihr Konto aus Sicherheitsgründen gesperrt wurde. Zur Entsperrung müsse man sich lediglich über den beigefügten Link neu anmelden. Der Button "Schützen Sie Ihr Konto" führt natürlich nicht auf die echte Seite der Bank/des Shops. Alle Informationen, die dort eingetragen werden, landen direkt in den Händen unbekannter Dritter, die damit Schaden verursachen können. Wer sich bei Mails unsicher ist: "Phishing-Radar" in Google eingeben. Das hilft.

Trauer: Der Verlust eines geliebten Menschen ist traumatisch. Um diesen Verlust zu verarbeiten, suchen viele Menschen Hilfe in Trauergruppen. Das ist gut so – online wie offline. Dass dort aber auch Betrüger ihr Unwesen treiben, ist skandalös. Schicksale – und Emotionen – werden vorgetäuscht, um spätere Opfer ausfindig zu machen. Es kommt auch immer wieder vor, dass Hinterbliebene Rechnungen für die Schaltung von Traueranzeigen oder Nachrufen erhalten. Selbst die Behörden – und Bestatter – warnen mittlerweile vor dieser Masche und weisen darauf hin, dass diese Schwindel-Rechnungen sehr professionell gemacht sind. Immer wieder liegen sogar Kopien der angeblichen Anzeige bei, die in einer Zeitung oder in Trauerforen im Internet geschalten worden sein sollen. In Wirklichkeit wurde diese Seite jedoch aus einer Zeitung herauskopiert und gefälscht. Es gilt: Wer keine Anzeige geschalten hat, muss auch für keine bezahlen.

Kryptoassets verlocken

Bitcoin-Abzocke: Erpressungen mit Bitcoin-Forderungen haben stark zugenommen. Es gibt hier diverse Spielvarianten. Oft werden erpresserische E-Mails versendet, in denen behauptet wird, jemand habe Daten über einen gesammelt. Häufig heißt es, dass man sensible Bilder habe, die bei Nicht-Erfüllung der Bitcoin-Forderung an das gesamte Adressverzeichnis versendet werden. Ebenso häufig sind mittlerweile Mails, in denen behauptet wird, dass der Computer gehackt worden sei und vom Angreifer ferngesteuert wird. Man wird dazu aufgefordert, eine bestimmte Summe Bitcoin auf das Wallet der Betrüger zu überweisen, um den Computer wieder frei zu geben bzw. damit Bilder oder andere Daten nicht verschickt werden. Solche E-Mails sind Spam-Mails, hinter denen in aller Regel nichts steckt. Auch hier hilft das Internet, Betrüger zu erkennen. Die Maschen der Abzocken sind mittlerweile recht gut beschrieben. Bei Bitcoin gibt es auch Anlagebetrug. Vermeintliche Krypot-Investments (erfolgen meist über Telegram) laufen so lange gut für den Anleger, bis er Gewinne ausbezahlt haben möchte. Die bisherigen Ansprechpartner sind dann genau so schnell weg wie das Geld.

Schöner Wohnen: Die Suche nach einer neuen Wohnung startet oft im Internet. Auf den Immobilienportalen gibt es rasch einen Überblick über Zimmer, Lage, Preis und Bedingungen. Aber auch hier ist nicht jedes Inserat echt und Betrüger tummeln sich. Es kommt immer wieder vor, dass falsche Makler um Vorkasse bitten, um bestimmte Unterlagen oder Informationen zu übermitteln oder mit gefälschten E-Mails versuchen, die Daten des Suchenden abzufangen. Bittet ein vermeintlicher Makler darum, eine Kaution (etwa für Ferienwohnungen) per Bargeldtransfer über Western Union oder MoneyGram zu überweisen, sollte das ein Alarmsignal sein. Das überwiesene Geld ist genau so schnell weg wie die Erreichbarkeit des Maklers. Vermeintliche Vermieter geben im direkten Kontakt oft auch an, sich derzeit im Ausland aufzuhalten. Daher könne man beim Besichtigungstermin nicht persönlich erscheinen. Der Wohnungssuchende wird gebeten, eine Kaution als Vorkasse (via Western Union und Co.) zu zahlen. Im Gegenzug würde man dann den Wohnungsschlüssel per Post erhalten. Was freilich nie kommt, ist der Schlüssel. Auch die einbezahlte Kaution ist für immer verloren. (Bettina Pfluger, 1.8.2021)