Dürfen die das auch in Österreich, dürften das heimische Unternehmen? Arbeitsrechtler Stefan Zischka (Deloitte Legal) sagt: "Ja". Arbeitsrecht sei das Abwägen von Interessen – und bei Covid gehe es um die Gesundheit, um das Leben.

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Google und Facebook in den USA gehen einen radikalen Weg: Sie holen die Mitarbeiter erst im Oktober in die Büros zurück und verpflichten ihre Belegschaften zu einer Covid-Schutzimpfung. Google-Chef Sundar Pichai erklärte, die Regelung betreffe zunächst die USA, werde in den kommenden Monaten aber auch für andere Regionen gelten, sobald dort Impfungen weithin verfügbar seien. Google sei sich bewusst, dass sich viele Beschäftigte aufgrund der zunehmenden Infektionen durch die Delta-Variante Sorgen machten, ins Büro zurückzukehren. "Sich impfen zu lassen ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um uns und unsere Gemeinden in den kommenden Monaten gesund zu halten."

Bei Facebook kündigte Personalchefin Lori Goler an, die Umsetzung der Impfpflicht für Mitarbeiter in den US-Büros werde von "örtlichen Bedingungen und Vorschriften" abhängen. "Wir werden auch eine Vorgehensweise haben für jene, die aus medizinischen oder anderen Gründen nicht geimpft werden können", ergänzte sie. Das Vorgehen mit Blick auf Standorte außerhalb der USA werde weiter geprüft.

Impfungen stagnieren

Die Impfkampagne in den USA tritt inzwischen auf der Stelle – und das trotz einer Fülle an Impfstoffen und vieler Impfanreize. Daher haben inzwischen bereits die Bundesstaaten New York und Kalifornien eine Pflicht für Angestellte angekündigt, sich entweder impfen oder regelmäßig testen zu lassen. Auch die US-Regierung prüft nach Aussage von Präsident Joe Biden für ihre gut zwei Millionen Angestellten eine Impfpflicht. Zu einer landesweiten Impfpflicht sagt der US-Präsident aktuell Nein.

In Österreich erlauben Epidemiegesetz und verschiedene Landesgesetze eine Impfanordnung. Bezirksbehörden können in Ausnahmefällen sogar von Einzelpersonen Impfungen verlangen.

Rechtliche Möglichkeiten, drei Begründungen

Übernehmen demnächst nach und nach andere Unternehmen das Corona-Impfregime der beiden Techriesen? Wäre das in Österreich überhaupt rechtlich möglich? Während Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer beruhigen und solche Maßnahmen nicht gedeckt sehen, ist für Arbeitsrechtler Stefan Zischka (Deloitte Legal, er berät eine Reihe von Konzernen und KMUs) klar: Unternehmen können in Österreich eine Impfpflicht für ihre Belegschaften fordern, wenn Impfstoff verfügbar ist und keine individuellen gesundheitlichen Gründe gegen eine Impfung sprechen. Zischka beruft sich auf drei Gründe: die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, wirtschaftliche Interessen und die sogenannte deliktische Haftung der Mitarbeiter untereinander. Zischka: "Auch die Mitarbeiter stehen miteinander in einem Rechtsverhältnis." Steckt ein Impfverweigerer Kollegen an, dann könne das gravierende rechtliche Folgen haben.

"Arbeitsrecht ist die Abwägung von Interessen", so der Fachjurist, es gehe um die Gesundheit, um das Leben. Da sei die Interessenlage wohl eindeutig. Indirekt ist eine Impfpflicht in vielen rechtlichen Möglichkeiten von heimischen Arbeitgebern allerdings sowieso bereits enthalten. "Wollen Sie geimpft werden?" Das ist zwar nicht die neue Begrüßungsformel im Bewerbungsgespräch, allerdings muss man sich Fragen zu Impfstatus und Impfbereitschaft im Arbeitsleben in Österreich stellen lassen und wahrheitsgemäß beantworten. Sowohl beim Vorstellungsgespräch als auch beim bestehenden Arbeitgeber. Firmen können Impfverweigerern sowohl die Anstellung verwehren als auch sie im schlimmsten Fall fristlos kündigen. Zudem darf in Stelleninseraten explizit nach Geimpften gesucht werden.

Und bei Verweigerung?

Wenn Mitarbeiter Tests oder Impfungen im laufenden Betrieb ohne dokumentierte gesundheitliche Begründung verweigern, erklärt Jana Eichmeyer, Arbeitsrechtsexpertin bei Eisenberger Herzog, dann habe der Dienstgeber zunächst die Möglichkeit, sie auf einen anderen Platz zu versetzen. Das muss aber nicht sein. Eichmeyer: "Will der Dienstgeber den Dienstnehmer nicht versetzen oder ist das nicht möglich, kommt nur eine Kündigung in Betracht."

Wieso ist das keine Diskriminierung?

Es liege keine Diskriminierung vor, wenn zwischen Geimpften und Impfverweigerern im Arbeitsleben unterschieden werde, sagt Rainer Kraft, selbstständiger Arbeitsrechtler und Geschäftsführer des Vorlagenportals. Laut Gleichbehandlungsgesetz darf keine Diskriminierung wegen Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, Alter, Religionszugehörigkeit und Weltanschauung passieren. Die Corona-Impfung oder deren Ablehnung falle in keine dieser Kategorien, sondern gelte als "Meinung zu einem einzelnen Thema". Das bedeute für Impfverweigerer: "Es gibt keinen klagbaren Anspruch auf Anstellung", sagt Kraft. (kbau, 30.7.2021)