Neutronensterne sind merkwürdige Himmelskörper. Die Anziehungskraft auf ihrer Oberfläche ist so hoch, dass selbst Gebirge mit freiem Auge kaum sichtbar wären.

Illustr.: ESO / L. Calçada

Neutronensterne zählen zweifellos zu den exotischsten Objekten im Universum, allenfalls übertroffen von den noch schwerer fassbaren Schwarzen Löchern. Ihr Ursprung ist aber annähernd derselbe: Sterne von mehrfacher Sonnenmasse, die ihren Brennstoff verbraucht haben, kollabieren im letzten Stadium ihres Todeskampfes zu einem superdichten Himmelskörper mit extremen Eigenschaften. Diese zehn bis 30 Kilometer durchmessenden Objekte sind so kompakt, dass ein Kubikzentimeter ihrer Neutronenmaterie gut zwei Milliarden Tonnen wiegt – etwa so viel wie 300.000 Eiffeltürme.

Beinahe makellose Kugeln

Die enorme Anziehungskraft, die auf einem Neutronenstern herrscht, zerdrückt jede Struktur auf seiner Oberfläche und macht ihn praktisch zu einer makellosen Kugel – und doch scheint es dort so etwas wie Berge zu geben. Wie neue Untersuchungen zeigen, die auf dem National Astronomy Meeting 2021 vorgestellt wurden, dürften selbst die höchsten "Berge" auf einem Neutronenstern jedoch nur Bruchteile von Millimetern hoch sein.

Ein Team um Fabian Gittins von der University of Southampton entwickelte realitätsnahe Modelle von Neutronensternen und setzte diese einer Reihe von simulierten Kräften aus, um herauszufinden, wie dort Berge entstehen und wie hoch sie werden könnten. Das Resultat: Selbst die größten simulierten Gebirge erreichten nur Bruchteile eines Millimeters. Das ist um Größenordnungen kleiner, als man bisher angenommen hatte.

Bis die Kruste bricht

"In den letzten zwei Jahrzehnten wurde viel darüber spekuliert, wie hoch solche Berge werden können, ehe die Kruste des Neutronensterns bricht und der Berg nicht mehr unterstützt werden kann", sagt Gittins. Bei früheren Arbeiten ging man davon aus, dass Neutronensterne in einem Ausmaß von mehreren Millionstel von der perfekten Kugelform abweichen könnten. Daraus hatte man geschlossen, dass die Berge auf Neutronensternen sogar einige Zentimeter hoch werden könnten. Die nun vorgestellten Modelle zeigen jedoch, dass solche Bedingungen physikalisch nicht realistisch sind.

"Unsere Ergebnisse weisen nach, dass Neutronensterne wirklich bemerkenswert kugelförmige Objekte sind. Außerdem legen sie nahe, dass die Beobachtung von Gravitationswellen von rotierenden Neutronensternen eine größere Herausforderung sein könnte als bisher angenommen", so Gittins.

Quelle von Gravitationswellen

Rotierende Neutronensterne mit minimalen Deformationen können aufgrund ihrer enormen Gravitation messbare Wellen im Gefüge der Raumzeit erzeugen. Zwar konnten derartige Gravitationswellen von einem einzelnen Neutronenstern bisher noch nicht beobachtet werden, doch hoffen die Forscher, dass künftige Fortschritte bei extrem empfindlichen Detektoren dies ändern werden. (tberg, 30.7.2021)