Auf den ersten Blick mutet die Fassade des Hauses in einer Gasse im fünften Wiener Gemeindebezirk wie jede andere an. Doch wer den Kopf weit genug nach hinten reckt, sieht sie in schwindelerregender Höhe: rot blühende Petunien. Eigentlich ganz schön anzusehen, allerdings befinden sie sich im fünften Stock, und zumindest vom Gehsteig aus ist keine Fixierung zu sehen.

Noch mehr Grund zur Sorge bereitet allerdings der Trog ein paar Meter weiter. Er hat einen geschätzten Durchmesser von 30 Zentimetern und ragt mindestens ein Drittel über das Fensterbrett hinaus. Der nächste Windstoß kommt bestimmt, und dann ist nur zu hoffen, dass die unsichtbare Halterung hält, was sie verspricht – nämlich Sicherheit für Fußgänger, Radfahrer und Autos.

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Viele Mieter holen keine ausdrückliche Genehmigung für Blumen auf der Fensterbank ein. Vermieter können daraufhin klagen.
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Obwohl es kein generelles Verbot gibt, sind die Blumenkisten in den meisten Fällen auch nicht ausdrücklich erlaubt. Bruno Schwendinger vom Hausverwalter EHL weiß: "Wir bekommen kaum Genehmigungsanfragen, nur Beschwerden, wenn wir darauf hinweisen, dass die Blumentöpfe auf den Fensterbrettern zu entfernen sind." Ihm selbst ist erst kürzlich ein Blumentopf vor die Füße gefallen. Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Allerdings, so Schwendinger: "Sind die Tröge nicht ordentlich befestigt, entsteht eine Gefahr, die viele Menschen unterschätzen." Genau diese Fixierungen müssen Vermieter aber nicht genehmigen. Andreas Pöschko, Teamleiter der Mietervereinigung Wien, erklärt: "Das Fensterbrett zählt zur Außenhaut des Hauses und ist nicht Teil des Mietvertrages. Wenn Mieter diese Außenfläche verwenden, dürfen das Vermieter untersagen." Sollten bereits Blumen aufgestellt und fixiert sein, können Vermieter innerhalb der ersten 30 Tage mit einer Besitzstörungsklage dagegen vorgehen. Danach gibt es die Möglichkeit einer Unterlassungsklage gepaart mit einem Beseitigungsanspruch.

Folgen der Verbohrtheit

Bohrungen ohne Erlaubnis können verheerende Folgen nach sich ziehen. Pöschko: "In Löcher kann Wasser eindringen und dadurch das Mauerwerk in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies ist ein sorgloser Umgang. Bei Uneinsichtigkeit und Wiederholung droht als allerletztes Mittel die Kündigung." Damit es gar nicht erst so weit kommt, empfiehlt der Jurist Mietern mit Blumenwunsch, die Hausverwaltung zu kontaktieren und zu hinterfragen, ob Blumenkisten abgestellt werden dürfen und wie diese zu fixieren sind.

Möglichkeiten gibt es zuhauf. Angefangen von verbohrten Fixierungen in der Fassade bis hin zu Teleskopstangen, die im jeweiligen Bereich eingeklemmt werden. Sollten die Blumenkisten einen Schaden verursachen, haftet der Mieter. Gehört die Halterung allerdings dem Vermieter und wurde sie nicht richtig gewartet, ist dieser auch haftbar.

Keine Blumen für Villach

Eine Stadt in Kärnten sorgt indes etwaigen Streitereien oder gar Unfällen vor. In Villach sind Blumenkisten nämlich bereits seit Juli 2020 verboten. "Die Mieterinnen und Mieter der rund 1370 städtischen Wohnungen wurden im Vorjahr per Brief informiert, die freistehenden Pflanzgefäße auf den Fensterbänken generell zu entfernen", heißt es vonseiten der Stadt. Ungesichert stellen diese nämlich eine Gefahr für Passanten dar. Allerdings: "Bereits vorhandene Absturzsicherungen an der Balkongeländer-Außenseite dürfen verwendet werden." Die Begründung liegt auch in den zunehmenden Wetterkapriolen der vergangenen Jahre. "Stürme werden immer kräftiger und heftiger, daher ist diese Maßnahme auch als Sicherheitsbeitrag zu sehen."

Mit diesem generellen Verbot für Mieter ist die Kärntner Stadt nicht allein. Auch der österreichweit tätige Hausverwalter Buwog erlaubt Mietern keine Pflanzen auf Fensterbänken. Für Wohnungseigentümer gilt das Verbot nicht, sehr wohl aber das Gebot der ordentlichen Fixierung – damit der blumige Übermut niemandem auf den Kopf fällt. (Julia Beirer, 31.7.2021)