Verheerende Waldbrände in mehreren Regionen an der türkischen Mittelmeer- und Ägäisküste haben in den vergangenen Tagen zu mindestens vier Todesopfern, zahlreichen Verletzten und etlichen verbrannten Häusern geführt. Ganze Dörfer im Gebiet rund um Antalya, den wichtigsten Touristenort an der Mittelmeerküste, mussten evakuiert werden, aber auch anderen Ortschaften drohte Gefahr. Fahrettin Altun, Kommunikationsdirektor der Regierung, sprach Freitagmittag von insgesamt 63 Brandherden.

Die Hänge über der türkischen Küste bei Marmaris stehen seit Tagen in Flammen.
Foto: MAHMUT SERDAR ALAKUS

Am schlimmsten betroffen sind die ebenso populären Urlaubsgebiete in Marmaris und Bodrum, auch hier mussten Hotels evakuiert werden. Der Strandvorort İçmeler in Marmaris mit mehreren Hundert Hotels war zeitweilig wegen der Flammen abgeschnitten und konnte nur noch über das Meer erreicht werden.

Mehr als zehn Meter hohe Flammenwände bedrohen İçmeler, das bis in die bewaldeten Berge rund um Marmaris hineingebaut wurde. Ein Dorf in den Bergen über İçmeler, berühmt durch seine Bienenzucht, brannte vollständig ab. Dabei wurden auch hunderte Bienenstöcke vernichtet und andere Nutztiere getötet. Experten vermuten, dass auch tausende Wildtiere bei den Feuern umkamen. Noch ist die Gefahr nicht gebannt, vor allem in den Wäldern rund um Marmaris brennt es weiter.

Tausende Feuerwehrleute kämpfen gegen Waldbrände am Mittelmeer. Dutzende Hotels und Dörfer wurden evakuiert



DER STANDARD

Versagen der Regierung

Die Menschen vor Ort sind entsetzt, bisher kam von außen nur wenig Hilfe. Der Bürgermeister von Muğla, der Hauptstadt der Provinz, zu der sowohl Marmaris als auch Bodrum gehören, kritisierte die Regierung, weil Ankara in den vergangenen Jahren eine ganze Flotte von Löschflugzeugen hatte "verrotten" lassen, die nun nicht mehr einsatzfähig sind. Stattdessen charterte die Regierung nun zwei Löschflugzeuge in Russland, die dann aber nur in Antalya eingesetzt wurden. Für Marmaris und Bodrum blieben nur einige Hubschrauber.

Umweltminister Murat Kurum gab zu, dass die Regierung Fehler gemacht habe. Um vom Versagen der Regierung abzulenken, behauptete Fahrettin Altun, es gebe Hinweise, dass die Brände von "Terroristen" gelegt worden seien. Die Gouverneure der betroffenen Provinzen verhängten am Freitag ein Verbot, den Wald zu betreten.

Extreme Hitze im Anrollen

Besserung ist nicht in Sicht. Die Meteorologen kündigten für Griechenland und die gegenüberliegende türkische Ägäisküste Rekordtemperaturen bis zu 45 Grad Celsius an. Weil es im Winter an der gesamten nördlichen Mittelmeerküste viel zu wenig geregnet hat, ist die Vegetation völlig ausgetrocknet. Dazu kommen starke Winde, die die Feuer immer wieder anfachen.

Da es in den betroffenen Gebieten in der Türkei viel zu wenige Feuerwehrleute gibt, versuchen die Anwohner unter Lebensgefahr, selbst gegen die Flammen anzugehen. Dabei wurde ein Mann getötet, der versucht hatte, mit seinem Motorrad Löschwasser an die Flammenfront zu bringen. (Jürgen Gottschlich, 30.7.2021)